Gedanken zur kollektiven Übergangsphase in eine Kultur geistig Erwachsener
Für Denker und Zeitdiagnostiker sind dies ausgesprochen merkwürdige Zeiten: man kann über das Allgemeinste, Grundsätzlichste und Exzentrischste nachdenken, sprechen oder schreiben und gleichzeitig konkrete Beispiele für all das im Alltag nennen, die jeder kennt. So gesehen leben wir wahrlich in philosophischen Zeiten. Manche sagen „biblisch“. Das ist sehr ungewöhnlich und es wird wohl daran liegen, dass die Menschen sich im großen Stil über lange Zeit geweigert haben, über das Bedenklichste unseres Zustands des Abdriftens und Vegetierens nachzudenken, so dass sie es nun als Konsequenz physisch durchleben müssen. Wer nicht denken will, muss fühlen. Und wie schon in vorhergehenden Artikeln erläutert, besteht der größte und teuerste Fehler der Moderne in ganz spezifischen Unterlassungen und Verschleppungen, deren existenzielle Kosten die meisten immer noch nicht einmal erahnen können.
Da das Radikale (radix = die Wurzel) nicht der Normalzustand sein kann, weil ihm ohne erwachsende Stängel, Blätter und Blüten die Entfaltungsdynamik und damit der Ausdruck in der Welt fehlen, müssen wir wohl in einer ausgesprochenen Ausnahmeepoche leben, in der sehr lang Gültiges endet und die darunter liegenden, ebenso lang vergessenen Schichten von noch grundsätzlicher Gültigem nicht nur sichtbar werden, sondern als einziger haltgebender Boden übrig bleiben, nachdem unsere babylonischen Türme zusammengebrochen sind. Wir werden an unser Fundament erinnert, weil unsere ideologischen Wolkenkratzer kollabierten. Das ist die harte Tour. Aber sie führt uns zu unseren Wurzeln.
Nur wenn eine Pflanze schwer krank ist, ist es notwendig, sie fast bis auf ihre Wurzeln zurück zu schneiden. Und dies, damit sie sich aus ihrem Ureigensten neu aufrichten, im wahrsten Sinne des Wortes regenerieren kann. Nur so kann sie wieder ur-sprünglich werden. So geht es jetzt zunehmend den Menschen: sie merken – jeder auf seine Weise – dass sie Orientierung nur im Fundamentalen, im durch und durch Wesentlichen und Ursprünglichen finden, während die aktuellen, übergroßen Regenerationsprozesse alle anderen Referenzpunkte und Leitplanken vor ihren Augen in Luft auflösen.
Katabasis
Wer bisher glaubte, er könne seine Moral aus den geltenden Gesetzen ableiten, und wer Ethik mit Legalität gleichsetzte, der wird einige Meter tief fallen, sobald ihm klar wird, wie unethisch alle die Gesetze sind, an die wir uns klammern und die unser Leben und unseren Geist in Klammern halten. Erst nach dem völligen Absturz aus dieser abgekoppelten und bodenlosen Entfremdung wird er wieder den festen Boden von einer in sich selbst verankerten Ethik und von einem in seiner eigenen Wesensnatur verwurzelten Moralbewusstsein unter sich haben.
Wer bisher glaubte, dass er das Richtige und Gesunde durch Gehorsam gegenüber den Autoritäten finden würde, der wird ebenfalls einige Stockwerke hinab zu stürzen haben, wenn für niemanden mehr zu leugnen ist, wie krank und falsch all die aufgestellten Autoritäten waren.
Und ebenso werden jene, die ihre Weltanschauungen und ihr Weltverständnis aus den Bruchstücken der systemzugehörigen Massenmedien zusammengesetzt haben, abstürzen in ein bodenloses Unverständnis, wenn ihnen aufgeht, dass es zwischen der Nachrichten-Welt und der Realität keine Korrelation gibt außer den realen, ruchlosen Interessen der Medienkonzerne zur Manipulation der Massen.
Und all dieses psychische Hinabfallen wird beschleunigt durch die Erkenntnis, dass all das “Wissen“, das so energetisch verteidigt und ja auch von „Wissenschaftlern“ verkündet wurde, nicht viel mehr war als blindes und denkfaules Glauben. Vom kindischen Glauben abzufallen ist keine schlechte Sache, wenn es darum geht, erwachsener zu werden. Überhaupt ist das Fallen eine gute weil notwendige Etappe im geistigen Entwicklungsprozess. Katabasis nannten es die Griechen: auf den Boden der Tatsachen fallen.
Die Härte des Aufpralls hängt auch in der psychischen Welt von der Fallhöhe ab. Aber nicht nur. Wer im Leben bereits Fallerfahrungen dieser Art hat, hat auch Kompetenzen entwickelt, den Aufprall abzufangen, sich nicht zu versteifen, sich mit dem Fallen mitgehen zu lassen und weder die Schwerkraft (genauer: das Gesetz der Dichtigkeit) noch den Boden als seinen Feind zu betrachten. Und beim kollektiven Fallen gilt ganz besonders noch: halt dich nicht an anderen Stürzenden fest und lasse sich niemanden an dir festhalten, wenn Du noch fällst. Es tut sonst noch mehr weh als wenn jeder sich selbst dem Fallen überlässt.
Dieses Fallen ist nun der Fall für so gut wie alle, weil es kollektiv ist. Und es ist kein Unfall und auch kein Zufall, sondern ein Zusammenfall, der auf einem großartigen Einfall von einem oder einigen wenigen beruht. Dieser Einfall war: den Schwindel und das Schwindeln der Menschen in allen ihren Kollektiven so rasant und so weit zu steigern und gegen jedes Gesundheits- und Integritätsempfinden ad absurdum zu führen, dass das bestehende Schwindelsystem des Irrealen komplett kollabieren und einstürzen musste. Nur so war trotz der enormen Fallhöhe noch eine konstruktive weil kontrollierte Rückkehr auf festen Boden möglich. Und jene Erfinder und die, die es früh genug verstanden haben, konnten sich früher schon zu den Ausgängen begeben und die Treppe nehmen. Vom Boden aus agieren. Für die anderen wird es ein Absturz sein, was sie wieder mit dem einzigen Boden in Kontakt bringt: der Realität.
Fallen
Fallen kann eine initiatische Erfahrung sein. Wer einmal fällt, wird niemals wieder als derjenige stehen und gehen, der er vor dem Fall war. Wer fällt, bekommt eine neue Beziehung zum Boden, zu allem, was unten ist und vor allem zu all jenen Unternehmungen, die sich vom Boden entfernen.
Jedes Aufstehen beginnt damit, hinzufallen. Und wer viel fällt, wird auch vielseitiger im Aufstehen, Stehen und Aufrichten. Sich fallen lassen zu können ist das Ergebnis vieler Fallerfahrungen, die in uns eine Kompetenz des Fallens, des Loslassens und sich-Gleiten-Lassens aufbauen. Das sind die Vorbedingungen dafür, sich nicht nur auffangen, sondern auch tragen lassen zu können. Und wenn wir Dinge von uns abfallen lassen können, dann erfahren wir, was es bedeutet, leichter zu werden und aufsteigenden Schwebekräften die Chance zu geben, uns nicht nur zu halten, sondern zu heben und höher zu heben.
Die psychisch so erwünschte Himmelfahrt funktioniert aber nicht, solange wir noch aus allen Wolken fallen können. Und solange wir dies können, sollten wir es auch. Zum einen als Training und zum anderen, um Ballast loszuwerden. Denn die Selbsterhebung, mit der wir uns vor der Selbsterkenntnis drücken, mag zwar durchaus schon in sehr luftige Höhen führen, vor allem, wenn wir der Einbildung und dem Rausch der Eigen-Ermächtigung in einer Gruppe Gleichbesinnungloser frönen, aber solange wir den Bodenkontakt dabei nicht halten können, werden irgendwann die Krücken und Stelzen, mit denen wir zu laufen versuchen sehr lang und sehr fragil. Und die naturgesetzliche Therapie solch ikarischer Überstiegenheiten lautet immer: nach unten. Wohin? Bis zum Boden.
Das Himmel-hoch-Jauchzen mag uns den Sinn und das Feuer des Lebens vermitteln, aber nur das Zu-Tode-betrübt lehrt uns, beides, sowohl das Hoch-fliegende, als auch die Tiefenverwurzelung, in uns zu tragen, zu halten und zu verkörpern. Jeder Versuch einer Abkürzung in diesem Punkt führt zu einer Verlängerung des Leidens und Lernens. Deshalb lohnt sich die so viel und routiniert gemiedene Zuwendung zum Tot- und Betrübtsein für das Wachstum so viel mehr als die Versuche, sich in den Himmel zu stimulieren. Warum? Weil wir dann vom Boden aus in den Himmel wachsen und darin stabil sind.
Bleiben wir bei dem Bild: unsere geistigen und psychischen Wurzeln müssen vom Boden der Realität erstmal nach unten, in die Erde wachsen. Dort ist das Reich der Toten. Die Erde, auf der wir stehen, die uns Halt und Nahrung gibt, lebt und ernährt sich selbst ja vom Tod und vom Verwesenden. So wie die Bäume von dem Humus aus ihren ehemals abgefallenen Blättern leben. Solange wir also das Fallen der Blätter nicht mit hineinnehmen in unser Verständnis von Leben und Wachsen von uns selbst und von allem, was am Leben Teil hat, können wir unseren Geist nicht über das Materielle erheben und bleiben darin stecken. Dann wollen wir immer nur Frühling und Sommer und verschließen die Augen vor allem, was Herbst und Winter in uns ist.
Menschen, die nur an Frühling und Sommer glauben und sich an ihnen festhalten wollen, erkennt man daran, dass sie stets linear, stets aufsteigend und oberflächlich denken. Sie glauben an unendliches Wachstum, immer größere Ernten ohne Sparsamkeit und Regeneration, an den Fortschritt durch Technologie ohne Besinnung, an Qualitätsgewinn durch immer mehr Erleichterung und Beschleunigung, an Erfolg durch Bühnenlicht und an Erfüllung durch Überfluss, bunte Ausschweifung und Aktionismus. Kurz: sie klammern sich an die Wahnvorstellung einer ewigen Jugend und werden durch sie hinab gezogen in die Abwärtsspirale jugendlichen Wahns.
Da unsere Kultur und der Zeitgeist seit etwa 70 Jahren ausschließlich von solchen „Ewiger Frühling“- und „Ewiger Sommer“-Fanatikern geprägt ist, leiden darunter auch all diejenigen, die sich nach Vollständigkeit sehnen und um sie bemühen. Wir können diese sehnsuchtsvollen Versuche auch in all den Tendenzen erkennen, die ihr Heil im Weiblichen, Mütterlichen und Matriarchalen suchen. „Zurück zur Natur“ mögen die einen von ihnen rufen, andere suchen die Lösung in der passiven Hingabe an etwas, das ihnen Geborgenheit und Schutz vor Komplexität verspricht. „Frauen an die Macht“ in all seinen Tönungen ist das entsprechende Äquivalent derer, die an organisatorische oder politische Lösungen für tiefenpsychologische Probleme glauben und sich damit erfolgreich vor Tiefgang und Einsicht schützen. Es gibt diese spürbare, tief fließende Suche nach Eingebundensein in die Natur, in ihre Zyklen und Gesetzmäßigkeiten.
Solange diese Sehnsucht aber nur organisatorisch, politisch, strukturell oder in Dimensionen von Life Style Ausdruck findet, machen wir keinen einzigen Schritt vorwärts, sondern vertiefen nur noch die Spurrille, auf der wir uns schon seit Generationen im Kreis drehen.
Wir können nicht zurück ins Matriarchale, auch wenn die Bilder, die wir dazu in uns hinauf beschwören, sich so erlösend und wohltuend anfühlen. Es sind nur Bilder und sehnsuchtsvolle Wunschfantasien – im besten Falle gute Erinnerungen. Wir stehen jetzt genau dort, wo ein Jugendlicher – egal ob Junge oder Mädchen – mit sagen wir etwa 16 Jahren steht: an der offenen Tür hinaus in eine weite Welt, die einem noch zu groß, zu komplex und zu schwierig vorkommt. Aber langfristig ist es keine Lösung, wieder zurück zu Mama in die Küche zu gehen. Dort war es mal schön, aber Ent-Wicklung bedeutet, es nun selber zu erschaffen und für uns zu rekonstruieren. Wir müssen also aus dem Kreis des Behütetseins und Uns-Einfügens ausbrechen. Diese Dynamik zeigt sich in dem Symbol des Mars, das wir auch für das Männliche benutzen: ♂.
Während das Weiblich-Mütterliche Raum gibt und hält, ist das Männlich-Väterliche jene Kraft in uns, die Raum erobert, erweitert und damit schafft. Es ist die grenzüberwindende Kraft, die ein Schwert benutzen kann, um ein Guckloch zu schneiden und einen Ausgang zu eröffnen. Dieses mutige Erobern von neuem Terrain ist das, was wir jetzt am allermeisten brauchen. Es muss als elementare Kraft wieder Eingang in unsere Kultur und unser Denken finden, sonst bleiben wir Kinder und sind dann unserer eigenen schlafwandlerisch geschaffenen Welt von Technologie und Massenmanipulation nicht mehr gewachsen.
Ist das ein Widerspruch zu der Notwendigkeit, das Bewusstsein für unsere „Herbst“- und „Winter“-Aspekte wiederzugewinnen? Steht dieser Bedarf an männlichem Impetus im Gegensatz zur Rückanbindung an das Natürliche, Zyklische und Nährende?
Er mag es gemäß vieler unserer kulturellen Prägungen und tiefsitzender Schablonen tun, aber er widerspricht ihm nicht in seiner Essenz. Das Terrain, das wir hier zu entdecken haben, ist neu. Man könnte sagen, es ist der männliche Zugang zur Natur. Und somit also der männliche Zugang zu den Herbst- und Winter-Kräften, die das oberflächliche, lineare Denken von „höher, schneller, weiter“ ergänzen um ein rückwärts- und nach innen gewandtes Gewahrsein, also die Selbstreflexion.
Das für uns herausfordernd neue Element, das männliche nämlich, liegt darin, diese Vollständigkeit nicht mehr allein im Körperlichen und Naturgegebenen zu suchen, sondern im Geistigen und vom Menschen Erschaffenen. Wir können nicht „zurück zur Natur“, wir müssen vorwärts zu ihr. Und zwar mit allem, was wir in den letzten Jahren erfunden und erfahren haben: mit aller Hochtechnologie, mit der Dominanz des Denkens über das (unreflektierte) Fühlen, mit den psychologischen Manipulationstechniken und ideologischen Experimenten, die bis zur Selbstzerstörung potent wurden, und mit der mittlerweile schon so gewohnten Überwindung vieler physikalischer Grenzen durch Kommunikations-, Energie- und Medizintechnik.
Initiation und Umstülpung
Initiation in Bezug auf diese Herausforderungen bedeutet die Einweihung in eine Betrachtungsweise, die Naturgegebenes und Menschengemachtes zusammen schauen und in Harmonie zueinander bringen kann. Davon sind wir noch ziemlich weit entfernt, aber die Sehnsucht danach ist schon bis zur Notwendigkeit angewachsen und drängend. Wir sollten diese Initiation oder Einweihung auf kultureller und kollektiver Ebene wie eine neue Einfärbung verstehen. Der Stoff, aus dem unser gesellschaftliches Zusammenleben, unsere Institutionen und die allgemein verbreiteten Motivationen und Anreize gemacht sind, muss dafür durchtränkt werden mit einer Tönung, die die geistige Kompetenz des Menschen in die Mitte und über alles sowohl Technische als auch Naturgegebene stellt. Und damit wird dann auch der Einzelne eben gerade in seiner Eigenschaft als Einzelner höher gewertet als irgendeine kollektive Maßgabe. Denn geistiges Wachstum ist nur im Einzelnen und durch den Einzelnen möglich. Übersicht und Verständnis gewinnen sowie Verantwortung übernehmen kann immer nur der Einzelne.
Diesen Übergang von der Dominanz kollektiver und tatsächlich materialistischer und anti-individueller Strömungen hin zu einer durchströmenden und kulturbildenden Dominanz der Idee vom Individuum und seiner einzigartigen geistigen Kraft bezeichne ich als die Pubertät der Menschheit, in der wir uns seit einiger Zeit befinden.
Diese Pubertät bedeutet erstmal nicht, dass die Menschen erwachsener werden, obwohl ein Effekt von ihr durchaus sein kann, dass die Wahrscheinlichkeit in einem gewissen Rahmen steigt, dass mehr Menschen dem Erwachsensein näher kommen können. Sie bedeutet nur, dass die kulturbildende Matrix, in der wir Menschen leben, ein notwendiges Update bekommt, weil sie sonst an ihrer eigenen Komplexität und technologischen Potenz kollabieren würde.
Dieses Matrix-Update, das wohl eher ein Upgrade und vollständiger Versionswechsel ist, wird allerdings durchaus durchgeführt und überwacht von Einzelnen, die aus einer deutlich weiter gewachsenen, post-pubertären Reifestufe heraus eingreifen können. Wir können also davon ausgehen, dass der Impuls zu dieser grundlegenden Umwandlung von außerhalb, von weit außerhalb der Matrix kommt. Die Umsetzung und Implementierung dieser Neukodierung funktioniert dann kaskadenförmig abwärts über immer jüngere Reife- und Kompetenzstufen, bis sie sich in neuen Institutionen, Strukturen und Rahmensetzungen kristallisiert hat und damit die konkrete Fixierung der neuen Matrix bildet. Und erst dann wird der neue Impuls einen Effekt auf die Masse aller Menschen haben und sie in ein neues Level von Kultur einbinden. Wie bei jeder Initiation muss auch diese von oben und außerhalb, das heißt von einer post-initiatischen Intelligenz angestoßen, geführt und durchgeboxt werden.
Das Besondere an unserer aktuellen Epoche ist, dass diese übergeordnete Intelligenz nicht nur mit punktuellen Injektionen und Impulsen wirksam und sichtbar wird, wie wir es aus den letzten Jahrhunderten der schrittweisen Kulturentwicklung kennen, sondern dass wir offensichtlich an den Punkt eines radikalen Bruchs gekommen sind, an dem Entwicklung nur noch disruptiv und diskontinuierlich möglich ist. Es ist keine bloße Veränderung oder Neueinfärbung mehr, sondern eine Umstülpung und damit Transformation. Dadurch sind alle Aspekte des menschlichen Lebens betroffen und es bleibt kein Stein auf dem anderen.
Die Idee der Umstülpung bezieht sich dabei darauf, dass die Grundformation des menschlichen In-der-Weltseins vollständig umgekehrt wird. Bildlich gesprochen: was innen war, wird nach außen gekehrt, was unten war nach oben, das Unsichtbare ins Sichtbare und – ganz wichtig – alle diese auch umgekehrt.
Beispiele: wenn die bisherige Matrix auf der Idee aufbaute, dass wir auf einer Kugel leben, dann beruht die neue, post-initiatische Matrix auf der Idee, dass wir in einer Kugel leben. Wenn solche Weltanschauungen bisher einfach nur geglaubt werden mussten, weil der Maßstab für Richtigkeit dem Macht- oder Mehrheitsprinzip folgte, dann wird es in der umgestülpten Matrix genau umgekehrt darum gehen, das Mehrheitsprinzip und die Macht aus der Richtigkeit ohne Glauben, also durch Wissen und Fundiertheit, abzuleiten. Das, was bisher nur privat, also vom Außen abgewendet, möglich war, z.B. kritisch zu denken und sich an wesentlichen menschlichen Werten zu orientieren, wird die äußere Form der Gesellschaftsstrukturen bilden, während umgekehrt die kranken Formen von Machtmissbrauch, Korruption und Rücksichtslosigkeit in die innere Sphäre der einzelnen Psyche verlegt werden und dort verarbeitet werden müssen.
Licht wird Dunkel und Dunkel wird Licht. Außenpolitik wird Innenpolitik und umgekehrt. Das wird besonders für die Deutschen interessant, die seit 107 Jahren nur Arbeitssklaven, Prügelknaben und Geldkühe waren und den Blick für sich selbst und auf sich selbst völlig verloren haben im Hinausstarren in die Welt. Es wird alles umgestülpt, was innerhalb der Matrix ist. Nur die Matrix an sich bleibt natürlich erhalten.
Das kosmische Ministerium für Desillusionierung gibt im Übrigen bekannt: das Erkennen der Matrix selbst und das Herauswachsen aus der Verschmelzung mit ihr, auch genannt „Aufwachen“ oder „geistiges Erwachsenwerden“, wird nur von semi-satanischen Matrizen oder in deren Auflösungsphase gefördert und unterstützt. In paradiesischen Matrix-Zuständen verliert die Suche nach den Ausgängen regulär ihre Attraktivität, weshalb unter diesen Umständen besondere Anstrengungen für diejenigen und von denjenigen unternommen werden müssen, die trotz Paradieskulisse erwachsen werden wollen. Paradies-Zeiten und goldene Zeitalter sind spirituelle Erholungsphasen mit konjunkturellen Plateaubildungen und Tendenzen zu starken Kursverlusten. In Zusammenarbeit mit dem Ministerium für existenzielle Dysbalancen bemühen sich die verantwortlichen Kräfte stets um die schnelle Wiederherstellung antagonistischer Unruhestifter und Gegenspieler (wie z.B. – je nach Staffage – sprechende Schlangen, Drachen, Ziegenböcke, Pferdefüßler, Besenreiter, kleine Graue, große Schuppige, halsstarrige Pharaonen, Adolfs und ihren Angelas, Hedgefonds-Experten oder Talk-Show-Moderatoren).
Als nächstes wollen wir uns einige Aspekte dieser Umstülpung, die ich als Pubertät der Menschheit bezeichne und die wir alle mehr oder weniger erleben, ansehen. Dabei geht es vor allem um jene Aspekte, in denen sich die radikalen Veränderungen von der kindlich-abhängigen zur erwachsen-selbständigen Position am deutlichsten zeigen:
- Das Entstehen von echter Willenskraft
- Die Entwicklung eines synthesefähigen Verstandes
- Überwindung der Defizit-Philosophie
- Die Notwendigkeit existentieller Enttäuschungen
- Die Entwicklung von selbstspiegelndem Bewusstsein und einem antifragilen Ich
- Die Bedeutung von Schmerz in jeder Dynamik von Geburt
Danach kommen wir dann zu der neuen Form von Schöpferkraft, die wir zu entwickeln haben und widmen uns dann auch der Frage, was denn in diesem weltumspannenden Geschehen die spezielle Rolle und Aufgabe von uns Deutschen sein könnte.
1. Willenskraft und Neugier
Um die Kontrolle über Menschen zu bekommen, muss man ihnen nur zwei Eigenschaften nehmen: ihre Willenskraft und ihre Neugier. Denn zur Willenskraft gehören die Fähigkeiten, sich selbst eine Richtung zu geben und sie zu halten, sowie die Fähigkeiten, auf etwas zu fokussieren und etwas mit Ausdauer zu verfolgen. Zu Neugier gehören Wissensdrang und vor allem der Drang danach, zu verstehen. In dem Maße, wie diese zwei Grundimpulse gelähmt oder unterdrückt werden, ist der Mensch von außen steuerbar.
Jeder gute Pädagoge wird vor allem darauf Wert legen, Neugier und Willenskraft, also Wissendrang und Ausdauer bei seinen Schülern zu fördern. Denn jede echte Entwicklung hängt davon ab. Schwarze Pädagogik beruht auf der Zerstörung dieser Wesenskräfte. Weiße Pädagogik fördert sie. Ein Lehrer, dem es selbst an Neugier oder eigenständiger Ausdauer fehlt, sollte nicht als Lehrer wirken, denn er wird tendenziell immer zu schwarzer Pädagogik neigen.
Das Jahr 2020 hat uns vor Augen geführt, wie weit die Vernichtung dieser zwei Impulse innerhalb unserer bisherigen Kultur-Matrix fortgeschritten ist. Die Menschen haben keine nennenswerte eigene Richtung und kein Interesse zu verstehen, was um sie herum passiert und mit ihnen gemacht wird. Der Zeitgeist vegetiert im Dauerzustand eines stumpfen, desinteressierten Masochisten. Und erstickt jeden jungen Keim von Wissbegier und Selbstverwirklichungswillen in einem Medien- und Bildungssystem der geistigen Vollnarkose.
Die Q-Impulse sind übrigens hervorragende Gegen-Pädagogik: sie sind so angelegt, dass sie Wissensdrang und Beharrlichkeit fördern. Wie? Indem sie gerade soviel Neues bieten, dass man aufmerksam wird, es aber wiederum so gestalten, dass man nur durch eigene Anstrengungen zu besserem Verstehen und Erkennen findet. Somit wird Ausdauer im Verfolgen kniffliger Fragen und im Nachgraben an widersprüchlichen oder rätselhaften Stellen dadurch belohnt, dass sich ein immer plausibleres und sinnvolleres Gesamtbild unserer aktuellen Situation und ihrer Entstehung ergibt. Das eigenständig und für sich selbst Schritt für Schritt herauszufinden und auf dem Wege immer wieder zu irren und sich korrigieren zu müssen, führt zu einem ganz anderen Ergebnis, als fertige Erklärungen und Gesamtbilder serviert zu bekommen.
Wollen und Können
Aber lasst uns nicht länger zurückschauen auf das Vergangene und Sterbende! Ich habe mich lange und ausführlich genug damit beschäftigt und für wen auch immer der Schritt des Sehens und Erkennens noch ansteht, mögen diese schriftlichen Analysen und Klärungen auch weiterhin hilfreich sein. Sie sind immer wichtig, um das Territorium zu kennen, auf dem wir uns bewegen und um uns selbst darauf verorten zu können. Sobald dies aber geschehen ist, sollten wir unsere Aufmerksamkeit wieder auf das Gewollte und Erstrebenswerte richten, denn sonst bleiben wir gefesselt von unserer Faszination für das Kranke und Morbide. Denn es ist faszinierend. Und bei den meisten Menschen im prä- oder peri-pubertären Zustand zeigt sich diese Faszination in einer psychischen Fixierung auf obsessive Ablehnung und Gegenwehr.
Der Blick zurück in Vergangenes ist nur wertvoll, wenn wir durch ihn einen besseren Blick für das Jetzige, unseren gewordenen Zustand und unsere Aufgaben darin bekommen. Ich habe in vorhergehenden Artikeln dargestellt, dass der Kampf, in dem wir jetzt um das Überleben der Menschheit ringen, nicht durch einen plötzlich auftretenden, mächtigen Gegner hervorgerufen wurde, sondern durch eine Unterlassung.
Diese Unterlassung bezieht sich auf unsere Willenskraft. In den letzten 500 Jahren ist das technische Können der Menschheit in immer schnellerem Tempo gewachsen. Unser Wollen ist jedoch nicht mitgewachsen. Für die Entscheidung zu einer Tat reicht das Können als Kriterium nicht aus, denn es sagt nichts darüber aus, ob die Tat gut oder schlecht, d.h. ob ihre Resultate erwünscht oder unerwünscht sind. Willenskraft besteht in erster Linie darin, etwas, das man tun könnte, absichtlich nicht zu tun. Durch die Fähigkeit, etwas nicht zu tun, einen Impuls nicht auszuagieren oder einer unmittelbaren Befriedigung nicht hinterherzulaufen, eröffnen wir uns die Möglichkeit, mit unserem Bewusstsein über unseren Handlungen zu stehen.
Mit den analytischen und synthetischen Fähigkeiten unseres Verstandes haben wir mittlerweile Technologien entwickelt, mit denen wir in die tiefsten Dynamiken des Lebens und sogar in die Interaktion zwischen Geist und lebender Materie einwirken können. Siehe sogenannte „Impfstoffe“, die den Körper des Geimpften von seinem Wesenskern abtrennen und ihm das Potenzial zu geistiger Willens- und Werde-Kraft nehmen, indem sie seine DNA molekularbiologisch fremdsteuern und ihn von seiner eigenen einzigartigen Blaupause und damit von der Möglichkeit zu heilen und ganz zu werden abschneiden. Diese Eingriffe gehören in die Kategorie des Unumkehrbaren.
Wir können das. Und noch vieles Mehr auf der Klaviatur von Leid, Qual, Folter, Entstellung und Zerstörung. Die zwei überlebenswichtigen Fragen sind jedoch: Wollen wir das auch? Und: Können wir die schädigende Nutzung von Hochtechnologie willentlich stoppen?
Die erste Frage erkundet unseren Willen und damit unsere Fähigkeit zur moralisch integeren Selbstbestimmung. Die zweite Frage zielt auf unsere Willenskraft ab, also die Macht, die wir aus unserem Willen heraus über das Tun und Treiben mit jeglicher Technologie haben.
Unser Gegner – Menschen mit unstillbaren Begierden und ohne Moral – konnte nur deshalb so stark werden und die Weltherrschaft an sich reißen, weil wir Menschen über Jahrhunderte unterlassen haben, unseren Willen zu formulieren und mit der fortschreitenden Technologie – also unseren fortschreitenden Möglichkeiten – zu verknüpfen. Es war dann nur eine kausale Folge dieser Unterlassung, dass sich unsere Technik mehr und mehr im ethikfreien und willenlosen Raum weiterentwickelte und dabei immer intelligenter wurde. Von da aus war es dann auch nicht mehr weit, dass die mächtigste Technik sogar in den amoralischen, lebens- und menschenfeindlichen Raum übernommen wurde, wo sie von den geistig degeneriertesten Kräften zu ihren Zwecken umgebaut und missbraucht werden konnte.
Jene, die glauben, dieser Tatsachen und Kräfte Herr zu werden, indem sie in gemütliche Siedlungen in Naturnähe ziehen, sich das Leben als Selbstversorger überschaubarer machen und nur noch fröhlich zum gemeinsamen Tanzen und Singen einladen wollen, durchschauen die Natur dieser Bedrohung nicht. Die Krieger, die uns vor ihr schützen können, dürfen diesen Gefährdungen des Menschen gegenüber sich selbst auf keinen Fall den Rücken zukehren oder sich sonstwie aus dem Staube machen. Auch nicht durch Rückriffe auf historisch fragliche Harmoniezustände.
All das hat keine Gültigkeit mehr, wenn wir einer Technologie gegenüberstehen, die es zuvor noch nie gab und mit der die tiefgreifendsten Manipulationen des Menschen möglich sind. Bis auf zwei oder vier Ausnahmen kommen all die Hobbits im Kampf zur Rettung der Welt am schlechtesten weg: sie haben bis zum Schluss nichts davon verstanden, sie wollen davon auch nichts wissen, streiten sich weiter über Bierkrüge oder Partyeinladungen und können nicht begreifen, was ein Bilbo, ein Frodo oder ein Gandalf sind, auch wenn sie direkt vor ihnen stehen. Hobbits sind niedlich, aber von allen auch die Einfältigsten und Kurzsichtigsten. Ewige Kinder.
Der Weg der Deutschen, wenn sie ihr Wesen verwirklichen und erwachsen werden lassen wollen, führt zunächst erstmal heraus aus Auenland. Fort von den gemütlichen Kaminen, dem Pantoffelschlurfen, dem halbbetrunkenen Zustand von Dorffesten und Familienzwistigkeiten und weg vom Schmalspurleben in täglichen Ritualen selbstzufriedener Beschränktheit. Das heißt vor allem: weg vom Materialismus und raus aus dem Dornröschenschlaf narkotisierenden Dauerkonsums.
Die Lektion der letzten 500 Jahre, und insbesondere der letzten 100 Jahre muss für uns diese sein: wenn wir unseren Willen nicht benutzen, um ihm (und damit uns) alle Technik Untertan zu machen, dann wird die Technik von immer niederen Begierden und Trieben übernommen, auf- und ausgebaut, bis diese geistlosen und morallosen Kräfte die Waffen haben, um unsere Willenskraft bereits im Keim zu ersticken. Bekanntestes Beispiel: der Fernseher. Das Prinzip funktioniert bis heute.
Was für viele schwer zu verstehen ist, besonders schwer für die Generation, die mit einer „Rückgängig-Funktion“ am Computer aufgewachsen ist, ist, dass dieser Prozess nicht ewig umkehrbar ist. Ab einem gewissen Punkt, den man sehr genau berechnen könnte, reicht der Rest an bestehender Willenskraft nicht mehr aus, um das Blatt zu wenden, und den Prozess der Zerstörung der Menschheit (nicht Menschen) zu stoppen. Irgendwann kann man 150 oder 200 Jahre moralisch-geistigen Rückstands nicht mehr schnell genug aufholen und die zerstörenden Kräfte benutzen einfach alle Hochtechnologie, um ihre Macht zu erhalten. Zeit ist ein Faktor. Es reicht nicht aufzuwachen, man muss früh genug aufwachen, um sich dann noch Waffen und Verbündete besorgen zu können, und um eine Strategie entwickeln zu können. Wenn aber die Gegenseite bereits so gut wie alle Waffen der Welt und so gut wie alle Kommunikationskanäle kontrolliert und gleichzeitig massive Gegenattacken gegen die ersten kleinen Rebellennester ausführt, dann ist das Spiel im Rahmen der menschlichen Möglichkeiten bereits aus und das Ergebnis steht fest.
Ich gehe davon aus, das meine Leser mittlerweile informiert sind, dass dies nur ein theoretisch-hypothetischer Gedankengang ist und dass die Willenskraft zum endgültigen Gegenschlag schon längst ausgeholt hat und sich darauf auch mindestens 50 Jahre vorbereitet hatte. Mir geht es hier nur um die Veranschaulichung des Grundproblems und seiner Ursache, und diese liegen beide im Bereich des Geistigen und der moralischen Integrität.
Im Geistigen hat der Mensch sich nur selbst als Gegner. Wenn wir zulassen, dass unmoralische Menschen an Macht über uns gewinnen, dann schaffen wir unsere zukünftigen mächtigen Gegner selbst durch ein Versäumnis. Dass wir nun in den gewaltigsten Krieg der Menschheitsgeschichte verwickelt sind, ist das Ergebnis einer langen Kette von Unreife, Passivität, Unachtsamkeit, und vor allem Selbstvergessenheit. Unsere vernachlässigten oder ignorierten Potenziale und schlummernden Kräfte treten uns irgendwann als Monster aus der Dunkelheit entgegen und holen zu unserer Vernichtung aus. Dies geschieht aus reiner Psychomechanik heraus.
Jene Zeitgenossen, die unseren heutigen Gegnern – also jenen degenerierten und entstellten menschlichen Potenzialen – eine eigene Willenskraft unterstellen, machen nicht nur einen psychologischen Denkfehler, sie festigen auch unwissentlich die Basis jenes Unterlassungsproblems, das zu der Aufspaltung und Zerstörungsmacht führte. Denn diese in die mechanischen Gegenkräfte projizierte Willenskraft ist in Wirklichkeit das, was die Spaltung und den Krieg beenden würde, wenn wir endlich aufhören würden, sie im Mechanischen, Automatischen und Reiz-Reaktionsbasierten zu suchen und stattdessen in der bewussten Steuerung alles Mechanischen entdeckten.
Mit diesen Aspekten im Hinterkopf können wir uns jetzt auch erlauben, das ganze in eine Sentenz zu abstrahieren, die ansonsten allzu leicht miss- oder unverstanden bleibt: Unser größter Feind ist der Mensch – wenn er nicht integer und in Ordnung ist. Damit ist unser größter Feind ganz und gar irdisch-planetarisch und menschlich. Alles Extra-terrestrische kann höchstens ein Raum von Kraftquellen sein, die wir als Menschen für oder gegen unsere Natur verwenden. Und der Mensch selbst ist seiner Natur nach hochgradig extra-terrestrisch: unsere geistige Natur, die primär nach Erkenntnis (nicht nach Macht) strebt, ist nicht von der Erde, sondern nur auf, in oder bei der Erde.
Die Außerirdischen, deren Attacke manche fürchten, sind wir Menschen, genauer gesagt die geistige, immaterielle Seite unserer Natur, und noch genauer gesagt jene Aspekte unseres nicht-irdischen Wesens, die wir weggeschoben, abgespalten oder fragmentiert und betäubt haben. Wer es intellektuell noch knuspriger haben möchte: der Mensch wird von niemand anderem angegriffen als vom vernachlässigten und vergifteten Geist des Menschen selbst. Aus dem All, dem All-Umfassenden, aus Raum-Schiffen mit Lichtgeschwindigkeit, auch genannt Ideen und mit Antigravitations-Flugscheiben, genannt geistige Werte. In bewusst integrierter Form sind sie für uns, tragen von mir aus weiße Hüte auf ihren bewusstseinserleuchteten Köpfen und helfen uns, willentlich das Paradies auf Erden herzustellen. In desintegrierter, abgespaltener und fragmentierter Form sind sie gegen uns, tragen schwarze Hüte ohne Glühen in der Birne und erzeugen automatisch mehr Spaltung und Auseinanderdriften.
Das Schwarz-Hut-Universum dehnt sich immer weiter aus, weil es einen Urknall hat, es hat lauter schwarze Löcher, die – wie Michael Ende schon vorhergesehen hatte – immer mehr und größer werden im Phantasialand seit Stephen Hawkins die diagnosefreien Vakuumblasen aus seinem Kopf heraus auf die Bühne des öffentlichen Anti-Geist zauberte, von wo sie dem wehrlosen Publikum auf den Schoß sprangen und auf die Nerven gingen; dieses triste Universum besteht zum größten Teil aus dunklem Nichts, weil ihm nie etwas eigenes einfällt, und Leben ist in ihm bloß eine Zufallserscheinung auf einer chaotisch schwankenden und herumwirbelnden Billardkugel, die statistisch gesehen schon längst zehnmal gegen einen schwarzen Zwerg gedonnert sein muss. Solches Zeug muss man glauben wollen, um sich an der NASA herumführen zu lassen.
Das Weiß-Hut-Universum ist das Gegenteil von diesen fantastoiden Gruselgeschichten: es zieht sich zusammen zu einer wachsenden Einheit, es wird beleuchtet durch wachsendes Bewusstsein und Leben ist darin das wuselnde, hüpfende und kichernde Mysterium von stets neugierigem Geist, der atmet. Einmal alles unter den weißen Hut gebracht ist alles auch schon gleich in Ordnung, weil alles seine Ordnung hat – natürlich auch die Unordnung und die Unordentlichen. Sogar die Anti-Ordentlichen, die den Ziegenbock und sein störrisches „Ich will nicht“ anbeten. Sie beten zur Großen Ziege, weil sie selbst keinen Bock haben. Kein Bock auf Integrität, Ordnung, auf Geist und Gott und so.
Womit wir jetzt auch verstehen, was das ganze mit Pubertät zu tun hat, denn der Übergang vom kindlich-faszinierten Mitmachen zum erwachsenen eigenständigen Willen durchläuft eine Zwischenphase mit dem Titel ‚Keine Ahnung – keine Chance – kein Bock!‘.
Diese Zwischenphase von Nicht-Können und Nicht-Wollen ist geprägt davon, dass der alte Halt immer mehr wegbricht, aber ein neuer noch nicht gefunden ist. Dadurch entsteht eine existenzielle Gratwanderung zwischen Ohnmacht und Aktionismus, die zuweilen die Formen einer bipolaren Achterbahnfahrt annimmt, deren Amplituden bis ins Suizidale oder Fremdgefährdende ausschlagen können. Nicht aus Übereifer, sondern aus der quälenden Leere heraus, die spürbar wird, wenn das reine Funktionieren im gewohnten, stützenden Systemumfeld brüchig wird und es noch keinen eigenen Motor gibt.
Was deshalb in diesem Übergang am meisten gebraucht wird, ist eine haltgebende Unterstützung von außen, ein Gerüst oder zumindest ein Geländer, an dem man sich festhalten und orientieren kann ohne stehen bleiben zu müssen. Was vor allem provisorisch gestützt werden muss, ist die Identität, denn die Selbstdefinitionen ändern sich und die Referenzpunkte für die Selbstorientierung ebenso.
Es ist schon wertvoll und hilfreich zu wissen, dass man sich im Übergang befindet, dass es auch für diesen Prozess Gesetzmäßigkeiten und Anhaltspunkte gibt und dass dieser Zustand – wie alle Zustände – einen Anfang und ein Ende hat.
Die Leichtigkeit bis hin zum freudigen Genuss aber, die während solcher Hochseilakte erlangt werden können, ergeben sich aus der Kunst, das Gewahrsein und den Fokus der Aufmerksamkeit von allem abzuziehen, das Willenskraft oder Können fordert, und das Gewahrsein stattdessen auf die Aspekte des Seins zu richten, die in aller Verwirrung und Angst unmittelbar erkennbar sind und kontinuierlich tragend wirken. Die angstfreie Mitte zwischen Resignation und Verkrampfung liegt in der Rückbesinnung auf das Vorhandene und Unmittelbare, also in der Zurücknahme aller Wachsamkeit von äußeren Bewegungen und Veränderungen nach innen hin zum innerlich Bewegten, Berührten und Empfangenden. Also zum Subjekt, zum Ich-Empfinden. Das ist das Auge des Tornados, in welchem stets Ruhe ist.
Dies ermöglicht den Aufschwung von „Ich bin in Angst“ zu „Angst ist in mir“, von „Ich bin ohnmächtig“ zu „Ich habe eine Ohnmacht in mir“. Und so bildet sich in diesem Prozess des Wandels zwischen zwei Abgründen Schritt für Schritt die Fähigkeit heraus, sich auf sich selbst zu besinnen und Halt in sich selbst zu finden. Der junge Hochseilakrobat – in unserem Betrachtungsfall die Menschheit – lernt gezwungenermaßen, sein Gleichgewicht und seine Fortbewegung aus sich selbst heraus zu generieren. Er muss sich seiner selbst erinnern, weil er sonst stürzt oder hängen bleibt. Das ist der Anfang von eigenem Wollen und selbständigem Können und der erste Zipfel der anderen Seite, des Erwachsenseins. Und damit gibt es einen ersten Funken, aus dem später Willenskraft entfacht werden: ein nach innen zentriertes Eigen-Bewusstsein.
2. Synthese im Kopf
Der nächste Aspekt des Erwachsenwerdens ist Verstehen.
Verständnis und vollständige Begriffsbildung beruhen nicht allein auf Analyse, Zerlegung und Differenzierung, sondern in mindestens gleichem Maße auf einer darauf folgenden Synthese, Wieder-Zusammenfügung und Verknüpfung. Wenn wir im Zerlegen von Eindrücken und Informationen stecken bleiben, dann vergrößern wir nur die Anzahl der Puzzleteile – und Worte – und kommen dabei dem Erkennen des inneren Gefüges und des Zusammenhangs hinter den Sinneseindrücken nicht näher. Die Verbindung der Dinge untereinander mag in unserer Wahrnehmung noch vorhanden sein, sie geht aber durch das analytische Verstehen zunächst einmal verloren. Wir haben dann lauter Einzelteile ohne Verbund und Einheit. Deshalb dann auch ohne Bedeutung und Sinn, weil eben auch die Verbindung zu uns, unseren Werten, Zielen und unserem persönlichen Verstehen verloren geht. Das Ergebnis einer Analyse ohne neue Synthese ist stets Bedeutungslosigkeit, damit auch Gleichgültigkeit oder sogar Nihilismus.
Diese analytische, halbe, unvollständige Verstandestätigkeit haben sich die Anti-Rationalisten zur Propaganda-Keule gegen den Verstand überhaupt gemacht. Das ist billige Rhetorik. In jeder New-Age- und Pop-Psychologie-Ecke hört man ihre Dauerbotschaft: der Verstand ist schlecht, weil er nicht ganzheitlich erfassen kann, weil er alles nur zerstückelt. Die Lösung für solche kopflosen Warnvorstellungen wird einem immer gleich mit serviert: die Regression auf unreflektiertes Fühlen. Statt unser Gehirn sollen wir unser Herz benutzen (wieso eigentlich nicht den Magen? Der ist doch noch viel „integrativer“ als das Herz!). Und so weiter und so fort. Wir können von Glück sagen, dass dieser Vorschlag so absurd ist, dass er nicht einmal umsetzbar ist, sonst würden wir alle „Planet der Affen“ spielen müssen.
Jeder Versuch, den Intellekt als Ganzes zu vermeiden, zu verkleinern oder „auszuschalten“, also jeder Versuch einer selbstgewählten Verdummung scheitert schon an seiner eigenen Logik: schon die Idee der Abwertung und die der Vermeidung gehen vom Intellekt aus. Der intellektuell Dumpfe oder Zurückgebliebene kann und braucht sich um die Verkleinerung seines Intellekts auch gar keine Sorgen zu machen. Es ist der übereifrig schematische Gedankenapparat in uns, der es sich im einfältigen Schema des Anti-Intellektuellen einfach nur leicht und bequem machen möchte. Das können wir im Alltag häufig beobachten: die Menschen, die gegen den Intellekt, gegen Worte und gegen das Denken allgemein anpredigen, ankämpfen oder anmeditieren, wirken dabei ausgesprochen intellektuell, kompliziert, wortreich und verkopft. So jagt die Ratte mal wütend, mal verzweifelt ihren eigenen Schwanz.
Auch die Haltung von „Ist mir egal“ beruht nicht auf einem bestimmten Gefühl oder einer emotionalen Haltung, sondern auf deren Abwesenheit. Eine Hyperdominanz des analytischen Intellekts führt zu dieser Abkopplung und Lähmung nicht nur des Empfindens, sondern damit auch der Willenskraft und Motivation. „Kein Bock“ – wir hatten das schon – ist das Resultat von zu viel Zerlegung und innerer Fragmentierung durch den Intellekt; und zwar ohne Verstand.
Was fehlt, ist die zweite Hälfte des Verstandes, mit der überhaupt erst Verstehen möglich ist: die Zusammensetzung der Einzelteile. In gewissem Sinne eine Wieder-Zusammensetzung oder genauer gesagt ein zusammensetzendes Nachbauen der Wahrnehmung. Also die Synthese.
Unsere Wahrnehmung auf der Ebene der Sinneseindrücke ist für sich genommen insofern ganzheitlich, als dass sie Eindrücke einfach nur aufnimmt, wie sie kommen und sie weder zerlegt noch selektiert. Das findet erst mit der Verarbeitung statt. Unsere Verdauung funktioniert nach dem gleichen Prinzip: wir können die Haselnuss als Ganzes in den Mund stecken, um sie aber verdauen zu können, müssen wir sie zerbeißen und zerlegen. Unser Verstand kann dann aber etwas mit den verdauten Eindrücken machen, was der Körper nicht kann: er kann das Original im Bewusstsein nachbauen, die analytisch erfassten Einzelteile wieder zusammenbauen.
Wem das nicht gelingt, der kann nie einen Wald sehen. Er sieht nur Bäume. Noch nicht einmal das: er sieht ein Wirrwarr von Blättern, Ästen und Stämmen. Im Extremfall könnte er nicht einmal solche konkreten Begriffe synthetisieren und sieht nur irgendwelche Farben und Formen. Daran erkennen wir, dass die synthetisierende Verstandestätigkeit für uns alltägliche Normalität ist (alle anderen befinden sich in der Psychiatrie oder auf dem Wege dorthin). Diese Verstandesfähigkeiten haben ihre obere Leistungsgrenze bei den Menschen allerdings sehr unterschiedlichen Niveaus der Abstraktion und Begriffsbildung.
Der Übergang vom Kind- zum Erwachsenen-Bewusstsein besteht in Bezug auf den Verstand darin, von sich selbst einen Begriff bilden zu können. Also, sich selbst rational synthetisieren zu können. Das ist ein langer Weg mit vielen Stufen und Graduierungen. Am Ende dieses Weges steht das Verständnis des Wortes „Ich“, das wir täglich benutzen. Immerhin ist das die erste Person Singular. Aber „singular“ bedeutet, dass alles, was wir auf „Ich“ beziehen, in diesem einen Begriff zu einer Einheit zusammengefügt ist. Das Wort „Ich“ ist, wenn wir es verstanden haben, die komplette Synthese von allem, was zu uns gehört in einem Begriff, in einem Abstraktum. Aber das ist nicht der Anfang vom Erwachsensein, sondern bereits eine sehr viel spätere Reifestufe, die hier nicht unser Thema ist.
Die Pubertät der Menschheit besteht nun erstmal darin, den Verstand überhaupt ganzheitlich, also sowohl analytisch als auch synthetisch verwenden zu lernen und zum Herrn über alle Kultur zu machen. Also insofern, als dass wir eine Kultur errichten, die sich zentral für das Selbst-Verstehen interessiert und auf dem Willen fußt, den Menschen in seiner Natur zu verstehen.
Nachdem wir in der bisherigen analytisch-materialistischen und somit irrationalen Kultur dressiert wurden, bei dieser Frage nach dem Menschen den Anatomie-Atlas aufzuschlagen oder in der Postmoderne nur noch das Gehirn live auf dem MRT-Bildschirm zu beobachten, wird es zum geistigen Erwachsenwerden nun darum gehen, uns als Subjekte, als selbst-wahrnehmende und selbst-reflektierende Wesen zu betrachten. Also darum, zu einer Reflexion der Selbstreflexion zu finden. Das ist nicht neu. Wir finden in allen Bibliotheken dieser Welt unzählige Spuren von Einzelwesen, die in dem Sinne erwachsen wurden. Neu ist für uns nur, dass diese Art zu denken und nach Selbstverständnis zu suchen das Fundament einer ganzen Kultur und sogar der gesellschaftstragenden Systeme und Strukturen wird.
Das können wir uns kaum vorstellen: auch Regierungen und Behörden, zu deren Grundprinzipien Selbstreflexion und die Wertschätzung des einzelnen Menschen sowie der Menschlichkeit an sich zählen. Dazu, wie das geht und wie eine Gesellschaft dorthin kommt, gäbe es viel zu sagen, was jedoch an dieser Stelle zu weit führen würde. Die Andeutung soll für diesen Zweck hier genügen, um deutlich zu machen, dass wir jetzt planetenweit die synthetisierenden Fähigkeiten unseres Verstandes entdecken und als neuen Leuchtturm für Menschlichkeit und eine Kultur der menschlichen Entfaltung aufstellen werden.
3. Überwindung der Defizit-Philosophie
Eines der grundlegenden Probleme, die wir psychisch zu überwinden haben, um zumindest wieder ein gesundes Verhältnis zur Realität zu bekommen und umso mehr, um ein erwachsenes Verhältnis zur Realität zu bekommen, ist unsere tief eingegrabene motivationale und emotionale Abhängigkeit von Defiziten.
All unsere Systeme beruhen auf einer Mangel- und Fehler-Logik, mit der sie sich rechtfertigen. Allem voran ist dies in unseren wirtschaftlichen Dynamiken der Fall und da wir über die letzten 100 Jahre hinweg alle anderen Aspekte unserer Kultur und unseres Zusammenlebens der Logik des Kommerz und seinen Strukturen unterworfen haben, ist die Logik des Mangels Grundlage von allen Institutionen und unserem Handeln geworden. Händler und Verkäufer leben davon, dass andere etwas wollen, das ihnen fehlt. Die latente Hauptaufgabe einer Wirtschafts- und Konsumgesellschaft liegt also stets auf der konstanten Produktion von Mangel und Defiziten.
Die jüngeren Generationen sind in diesen Geist hinein geboren und in ihm aufgewachsen. Sie kennen keine Alternative mehr. Ihre fragwürdige, aber eifrige politische Einsatzbereitschaft beruht auf einem Weltbild, das jener Witz zusammenfasst, in dem ein Berater in ein Taxi steigt und dem Taxifahrer im Tonfall voller Selbstüberzeugung zuruft: „Es ist egal, wo Sie mich hinfahren, ich werde überall gebraucht!“
Für die jungen Engagierten heißt es dementsprechend: es ist egal, wofür oder wogegen ich demonstriere oder arbeite, um mich herum ist sowieso alles defekt, mangelhaft und brennend.
In der Defizit-Haltung werden wir nur durch Mängel motiviert. Es ist so, als würden wir uns nur bewegen, wenn wir Hunger oder Schmerzen hätten, ansonsten blieben wir teilnahmslos sitzen. Bei vielen Menschen ist das sogar schon wörtlich genau so.
Nun glauben die meisten Menschen, dass unser Gefühl von chronischem Mangel und wachsenden Defiziten uns von einem System eingeflößt wird, welches stetig künstlich Mangel erzeugt und uns mehr als alles andere immer wieder vor die Nase setzt. Dabei aber werden Symptom und Ursache verwechselt. Worauf sollte so ein System fußen, wenn nicht auf einer bereits bestehenden Defizit-Psychologie?
Nehmen wir ein Beispiel. In seiner Endphase nahm das BRD-Konstrukt von seinen Personalausweisinhabern in Wohnhaft im Schnitt über 70% ihrer erwirtschafteten Einnahmen als sogenannte „Steuern“ ab. Weit mehr als die Hälfte dieser abgeführten Steuern floss in dunkle Kanäle (wörtlich: in unsichtbare, unterirdische Parallelwelten), die mit uns Steuerzahlern nichts zu tun hatten, außer dass sie uns als Produktionssklaven benutzten. Diese enormen Schätze verschwanden einfach in die Taschen von Netzwerken, deren einzige Aufgabe darin bestand, uns in der Dauer-Arbeit und dafür im Dauer-Mangel zu halten. Nun will aber der Durchschnittssklave made in Germany nichts davon wissen, er lehnt ab, darüber auch nur nachzudenken. Warum? Nicht, weil es falsch oder unmöglich ist, sondern weil es ihm Angst macht. Und zwar nicht allein Angst vor diesem unsichtbaren mächtigen Gegner, obwohl diese Anmutung auch schon gruselig genug ist, wenn man anfängt darüber nachzudenken. Nein, es ist Angst vor der Erkenntnis, dass der sorgfältig gehegte und gepflegte Dauer-Mangel nur ein künstlicher ist und dass wir in Wirklichkeit in einer unfassbaren Fülle leben und sie stetig sogar noch vergrößern. Es ist die Angst vor Fülle und Überfluss.
Es ist diese Angst, die jene übergeordneten Regime hervorruft und stabilisiert, die ständig für Defizite oder zumindest für die chronische Empfindung von Defiziten sorgen. Das ist der eigentliche (psychologische) Grund dafür, dass unser Medizinsystem die Pharma-Gauner braucht und kein Heilungssystem sein darf, sondern ein Krankensystem sein muss, welches unter großen Anstrengungen ständig neue Krankheiten erfinden und vermehren muss. Das ist ein schwieriger Job, denn die Menschen sind immer robuster und findiger geworden, trotzdem zu leben und sogar älter zu werden. Das mit den offensichtlichen Frontenkriegen à la erster und zweiter Weltkrieg funktioniert schon länger nicht mehr. Selbst die permanente Verseuchung der Luft und des Wassers mit toxischen Chemikalien hat die Menschen nur noch mehr beflügelt, sich kleine Rettungsnischen zu suchen.
Auch das gesamte Bildungssystem haben wir umgestellt auf psychische und mentale Missbildung, auf erlernte Hilflosigkeit und Abhängigkeit, aber immer noch schaffen es einige, mit der Realität trotzdem zurecht zu kommen. Wir haben unsere gesamte Wissenschaft und Forschung auf Wissensabschaffung, Redundanz und Unsinn fokussiert, und dennoch gibt es immer wieder kluge Köpfe, die nach echtem Wissen suchen und es finden. Wir verschenken unser Geld bis auf den allerletzen lebensnotwendigen Rest an andere Länder, damit sie es sich davon gut gehen lassen können, wir erlassen ihnen alle Schulden für die Produkte, die wir für sie hergestellt aber nie bezahlt bekommen haben. Und dennoch sind wir wirtschaftlich immer noch das leistungsstärkste Land Europas, wenn nicht der ganzen Welt. Wir übersähen jeden unserer Unternehmer und jede unserer Firmen bis zu den größten Konzernen im Land so massig mit Gesetzen, Regulationen, Einschränkungen und den folgenden Klagen, Beschuldigungen und Geldstrafen, dass es unmöglich sein müsste, noch handlungsfähig zu sein. Trotzdem gab es weiterhin Unternehmenswachstum und Firmengründungen.
Mag sein, dass uns all diese Einschränkungen und Würgegriffe gegen unsere Produktivität und gegen unsere Kreativität lästig vorkommen. Auf einer tieferen Ebene aber sind wir ihnen dankbar, weil sie uns schützen. Wirklich Angst haben wir vor unserer eigenen Größe und der uns umgebenden Fülle. Es scheint uns nur trotz unseres Erfindungsreichtums und unserer Ausdauer nicht so recht zu gelingen, sie ein für allemal totzuschlagen.
Ich möchte aber nicht unfair sein. Wir Deutschen standen 2020 oder spätestens 2021 trotz all dieser Rückschläge doch endlich vor dem hart erarbeiteten Erfolg des ersehnten Totaldefizits. Wir müssen dafür zwar auch zugeben, dass wir Hilfe von außen benötigten, aber wir haben es auf diese Weise so gut wie geschafft, ein so großes Defizit zu erfinden und die Illusion von Schwäche, Krankheit und Ohnmacht so real erscheinen zu lassen, dass wir tatsächlich zusammengebrochen wären und uns als Volk endlich aus dem Weg geräumt hätten. An der Ziellinie wurden wir dann zwar gerettet und wiederbelebt, aber das Erreichte zählt und darf unanfechtbar als Erfolg angesehen werden: wir haben uns trotz aller realen Fülle und Kompetenz an den Rand des Verhungerns, des Ausblutens und der Lähmung gebracht. Wir haben es endlich geschafft, einen erfundenen Mangel zu einem realen Vakuum zu machen und darin unterzugehen. Wir haben es geschafft, uns eine nicht-existente Krankheit einzureden und uns dann mit einer Impfung gegen sie tatsächlich qualvoll zu töten. Das ist viel mehr als bloß ein schnöder Selbstmord. Das ist Kunst! Es ist die ultimative Meisterschaft des Märtyrers: als Opfer seiner eigenen Erfindungen zu sterben und es nicht einmal mehr zu verstehen, sondern in dem Glauben zu sterben, es wäre irgendetwas noch nicht genug gewesen, es hätte noch irgendwas gefehlt… Wird uns dafür eines Tages mal jemand bewundern? Werden wir eines Tages einmal stolz darauf sein?
So etwas können nur Menschen leisten, die gemeinsam und mit aller Kraft den Mangel hochhalten und sich an dem Glauben des Fehlens und der Leere festhalten. Das geht nur, wenn wir den Mangel brauchen und mehr brauchen als alles andere. Und wir brauchen ihn nur, solange wir abgrundtiefe, existenzielle Angst vor Fülle, vor unserer eigenen Fülle haben.
Eine kleine Nebenbemerkung dazu: was wäre irgendeine internationale Kabale, was wären die Satanisten oder 13 herrschsüchtige Blutlinien ohne die Angst der Deutschen vor sich selbst? Was wären sie ohne uns Deutsche mit unserem Hochleistungswahn der geistigen Selbstverstümmelung und Selbstbeschuldigung? Es hätte sie nie gegeben. Vor allem niemals mit so viel Macht und so zäh. Nicht nur ihre Technologie um uns zu unterwerfen, haben sie durch uns bekommen, nein, vor allem ihre essentielle Daseins-Struktur beruht auf der Spannung, die wir mit uns selbst haben. Die Fleischwerdung der Angst vor dem Menschsein und damit dem Großsein und In-Fülle-Sein ist primär ein Produkt des deutschen Geistes und taucht nur in der Folge ihrer Spaltung als unser Feind wieder auf. Warum? Halte dich fest: Weil wir ethno-evolutionär am nächsten dran sind. (Kleiner Selbsttest: wenn du diesen letzten Satz verstehst und über ihn empört bist, bist du zweifelsfrei deutsch). Wir hatten psychologisch verständliche Gründe, die Sache um ein paar Jahrhunderte hinauszuzögern. Germanophobie als Unterform der Megalophobie: die Angst vor der eigenen Größe. Aus Pudeln Teufel und aus harmlosen Reptilien eine Satansbrut zu machen, ist eine essentiell deutsche Handwerkskunst. Merke: man muss im Wesentlichen Engel sein, um gefallene Engel hervorzubringen.
Kehren wir aber zurück zu unserem Thema der Mangel-Sucht. Für die Defizit-programmierte Psyche, in der wir Deutschen Weltmeister par excellence sind, bedeutet die Erkenntnis von Fülle einen totalen Stillstand, denn damit würde jede bisherige Motivation, jede Identität als Gequälter, Leidender, Unterdrückter, Benachteiligter, Schuftender, ja Alltags-Märtyrer ihren Boden verlieren und sich auflösen. Wir würden unsere psychische Verankerung in all jenen langgeübten Zwangsvorstellungen verlieren, nach denen Reichtum verdient, hart erarbeitet, und erlitten werden muss, damit er überhaupt einen Wert haben darf. Wir müssten unsere Hoffnungen loslassen, dass wir uns irgendwann eine nahezu unerreichbare Existenzberechtigung doch noch erarbeitet haben würden und dann endlich (ein klein wenig, also nur ganz still für uns, damit es keiner sonst bemerkt) stolz sein dürften, weil wir die Frage nach dem Warum unseres Lebens endlich endgültig beiseite schieben können: mit einem Arbeitszeugnis, einem Rentenbescheid und einer schwerwiegenden Diagnose wegen Erschöpfung und chronischer Überlastung.
Mathematisch ausgedrückt: die Defizit-Psychologie kennt nur Minuszahlen und die daraus erwachsende skurrile Logik, dass kleine Zahlen besser sind als große. Die große Erlösungshoffnung ist die Null: einmal ohne Minus zu seien. Positive Zahlen sind etwas Unbekanntes, Bedrohliches. Sie stellen die gesamte Minus-Philosophie in Frage und lassen ihre Erfolge zerplatzen wie Seifenblasen.
Psychologisch formuliert ist dies eine Lebensphilosophie der Schuld und ihre Erlösungsfantasie ist die Schuldfreiheit, die dann jedoch auch gleichzeitig das Ende von allem markieren muss, denn das Land jenseits von Schuldzuständen ist fremd und angsteinflößend. Dort zählen die Tugenden des sich-Ab- und Herunterwirtschaftens nicht mehr, sondern werden als Störung und Verirrung betrachtet. Wer unter den Schuldnern der Größte ist, weil er sich zur Null hin geschuftet hat, der ist in der Welt der Habenden der Allerkleinste und nicht weiter als am Anfang. Und wer hält das schon aus: am Ende einer langen, erschöpfenden Reise keinen Schritt weiter zu sein als an der Startlinie? Das gilt es erst wieder zu lernen, weil wir sonst die Augen weiter verschlossen halten vor unserem eigenen Potenzial, das eben geistig ist, nicht materiell.
Unser Potential ist unsere Fülle und unermesslich. Erst wenn wir eine Philosophie und eine Psychologie der Fülle entwickelt haben und aushalten können, sind wir fähig, die weiten Räume unseres Geistes und unserer geistigen Fähigkeiten ohne Angst zu erkunden. Das ist der nächste notwendige Schritt der Menschheit. Und warum in diesem Teil der Geschichte ausgerechnet die Deutschen der Alte mit der Lampe sind und wegleuchtend voranzugehen haben, dazu kommen wir später noch.
4. Der Pfad der Enttäuschung
Die geistige Pubertät, in der wir als Menschheit jetzt stecken, hat ihr explosives Potenzial und auch Ihre Dringlichkeit über die letzten etwa 200 Jahre aufgebaut durch eine Ansammlung von Experimenten, die sich alle als Sackgassen herausstellten und herausstellen mussten. Was diese Experimente alle gemeinsam hatten war, dass sie von einem Intellekt ausgingen, der so fasziniert von Ideen war, dass er dabei den Realitätskontakt und den empirischen Bezug verlor. Diese Dynamik hat uns bis an den Rand der Selbstvernichtung gebracht.
Es sind vor allem zwei fundamentale Enttäuschungen und Frustrationen, die wir erleben mussten, um reif für den qualitativen Sprung zu werden, der jetzt ansteht. Erstens war es die Enttäuschung nach allen sozialen Experimenten, die alle mit selbstverliebten, einseitigen Pseudophilosophien begannen, zu verbohrten Ideologien wurden und schließlich in übergroßen sozialen Katastrophen endeten. Das sind vor allem alle sozialistischen Experimente inklusive ihrer faschistischen und der modernen Konsumwirtschafts-Varianten.
Die zweite große Enttäuschung steht uns in ihrer vollen Implosionskraft noch bevor. Sie wird demnächst, d.h. wahrscheinlich innerhalb der nächsten 10 Jahre eintreten, wenn die letzten Hoffnungen platzen, die wir auf alles Technologische gesetzt haben. Das Ergebnis dieser verzweifelt angetriebenen und immer wieder aufgepeitschten, mittlerweile blinden Hoffnungs-Investition ist seit einigen Jahrzehnten schon überdeutlich erkennbar in der vollkommenen Unterwerfung des Menschen unter die Technik und ihre Wachstumsdynamik. Dadurch entstand ein soziologisches Mega-Problem, das gewöhnlich euphemistisch als „Fortschritt“ abstrahiert und bagatellisiert wird. Es besteht darin, dass seit langem schon die alltäglichsten Technologien weitaus intelligenter sind als 80% der Bevölkerung. Sie werden nur noch von sehr wenigen beherrscht und können nur von noch viel wenigeren durchschaut, verändert und konstruiert werden. Wir haben uns eine Welt mit einem Komplexitätsgrad erschaffen, die nur noch von Experten überschaut werden kann. Und in dieser Welt sollen die Menschen leben können? Und glücklich werden?
Kurz: in der großen Masse haben die Menschen der modernen Hochtechnologie ihres Alltags nichts mehr entgegenzusetzen und werden deshalb von ihr gesteuert und beherrscht. Wir stehen jetzt, am Anfangt des dritten Jahrzehnts des 21. Jahrhunderts kurz vor der allgemeinen Erkenntnis, dass Technologie uns nicht retten und uns bei dem, was wir am meisten benötigen, nicht helfen kann.
Damit nun aber aus der Enttäuschung keine depressive Lähmung, sondern ein Wachstumsschritt entstehen kann, müssen wir durch den Schmerz der Desillusionierung und des Verlustes alter Hoffnungen hindurch ohne uns neuen betäubenden Ausflüchten oder Ersatzlösungen zuzuwenden. Wir sollten uns dem Original-Bedürfnis zuwenden.
Die Lösung besteht – wie immer in transformationalen Entwicklungsprozessen – darin, sich vom Problem zu lösen. Wenn wir den regressiven Wunsch nach Verschmelzung, Selbstauflösung, Entlastung und Verantwortungsabnahme hinter all den kollektivistischen Sozialexperimenten erkennen und den ebenso regressiven Wunsch nach Automatisierung und Mechanisierung des Lebens, dann können wir erkennen, wohin uns die Fanatismen führen, in die wir durch solche Tendenzen hypnotisiert werden. Sie beide beruhen auf Selbstvergessenheit und Bequemlichkeit.
Die herauslösende Frage aus all diesen entwicklungsretardierenden Geschäftigkeiten ist: Was wollen wir? Wo wollen wir hin? Diese Fragen fordern, dass wir uns unserer ganzen gegebenen Natur erinnern und uns nicht auf eine infantile und geistlose Neigung reduzieren lassen. Keine der genannten Großprojekte des Intellekts aus den letzten zwei Jahrhunderten, weder die sozialistischen Volks-Vergewaltigungen noch die Technologie-Hypnose können eine Antwort auf die Frage nach unserem eigentlichen Ziel und unserer eigentlichen Erfüllung geben. Sie helfen uns allerdings, zu erkennen, was nicht funktioniert und wie wir uns durch den Missbrauch eines einseitigen Intellekts in Gefahr bringen können. Deshalb die so wichtigen Ent-täuschungen, die uns erkennen lassen, dass wir uns in uns selbst geirrt haben: der Mensch ist und braucht mehr, als wir uns die letzten 150 Jahre versucht haben einzureden. Jetzt beginnen wir, uns besser zu verstehen.
Aus der Perspektive von „Was wollen wir (als Menschen)?“ können wir dann auch sehen, dass in beiden Jahrhundert-Enttäuschungen Werkzeuge für unsere Zukunft liegen: zum einen die Notwendigkeit, das Zusammenleben der Menschen und die Institutionen, die es dafür braucht, so zu formen, dass sie dem Einzelnen dienen (individualistisch statt kollektivistisch) und dass wir dafür auf Hochtechnologie angewiesen sind. Nicht die Werkzeuge müssen sich ändern, sondern die Quelle und Ausrichtung unserer Intentionen, was wir mit ihnen vorhaben. Die Kombination von psycho-sozialer Ingenieurskunst und Hochtechnologie kann uns dann zu etwas Neuem bringen, auf das wir später noch genauer eingehen werden: die Kunst der sozialen Gestaltung.
5. Sein oder nicht sein – Entwicklung eines antifragilen Ichs
Wir haben nun also schon auf mehrfache Weise gesehen, dass der Prozess des Erwachsenwerdens in aller erster Linie die Frage nach sich selbst auf den Plan ruft und einfordert. Die grundsätzliche peri-pubertäre Frage, auf die wir dann irgendwann stoßen müssen, ist: „Sein oder nicht sein?“.
Jener Autor, der sich als Shakespeare ausgab, war noch relativ jung, als er ein ganzes Stück zu dem Thema schrieb, in dem es um die Anfänge des Erwachsenwerdens geht. Solange wir uns diese Frage nicht stellen, lautet die Antwort „nicht sein“. „Sein“ bedeutet da sein, angekommen sein, wach sein. Dafür muss es ein Bewusstsein geben, indem sich die Äußerungen und Wellenschläge des Daseins reflektieren können, sonst kommen wir in unserem eigenen Leben auf der Ebene von Bewusstsein gar nicht vor.
Bewusst werden wir uns unserer selbst zunächst erstmal nur durch das Beobachten der Effekte, die wir auf andere und die Welt haben, durch Resonanz und Spiegelung. Soweit reicht das reife kindliche Selbstbewusstsein, mit dem wir uns als Jemand über das wahrnehmen, was wir bewirken.
Erwachsenes Bewusstsein geht darüber hinaus, indem es auch den inneren Erlebenden unabhängig von den Effekten und Echos aus der Außenwelt wahrnimmt und zunehmend repräsentieren kann. Damit wird unsere Identität jedoch auch zunehmend ins Geistige verlagert und löst sich mehr und mehr vom Körperlichen und Materiellen ab. Unser Ich-Gefühl basiert dann nicht mehr auf der Interaktion zwischen uns und der Welt, sondern allein auf dem, was wir in uns wahrnehmen, auf einem inneren Dialog, der uns mehr und mehr das Gewahrsein unseres inneren psychischen Raumes erlaubt. Wir können uns dann selbst als wahrnehmende, fühlende, denkende Wesen erleben unabhängig von der Qualität und der Intensität der Reaktionen, die wir von außen bekommen. Nur dadurch entsteht Unabhängigkeit und Selbständigkeit.
Aus diesem inneren Dialog heraus können wir ganz anders schöpferisch tätig werden als es ein Kind kann, das aus den Einflüssen der Welt und aus der Auseinandersetzung mit ihr produktiv ist. Mit einer geistigen Identität können wir uns selbst und etwas aus uns heraus der Welt gegenüberstellen. Diese Gegenüberstellung ist also mit einer Ablösung und somit mit einer Trennung, einer Separation verbunden. Wie bei der Trennung von der Nabelschnur und damit vom Körper der Mutter nach der Geburt, trennen wir uns von der Seins-Abhängigkeit von der physischen Welt im Laufe der geistigen Geburt zum Erwachsenen. Diese Ablösung vollzieht sich nicht durch eine Erkenntnis oder eine Erfahrung, sondern durch eine langwierige Festigung des Gewahrseins des eigenen Innenlebens unter immer schwierigeren Bedingungen bis hin zur unabhängigen Selbst-Ständigkeit dieses Bewusstseins.
Vor dem Beginn dieses Ablöseprozesses des Ichs von der physischen Welt, ist dieser Zustand nicht vorstellbar und wirkt ausschließlich bedrohlich. Denn wir können uns im Zustand der kindlichen Ich-Identifikation ein Ich ohne Körper nicht vorstellen und imaginieren diesen Übergang als Tod und Selbstauflösung. Daher führt eine zu frühe oder zu schnelle Konfrontation mit solchen ablösenden Kräften zu Angst- und Schutzreaktionen, zu Kontraktionen, die die Ich-Grenzen noch enger im Körper zusammenziehen.
Menschen, die die Pforten einer körperfreien Ich-Wahrnehmung mit Drogen gewaltsam öffnen, können davon berichten, welch enormen Angst- und Panik-Zuständen sie dabei und in Folge ausgeliefert sein können. Dauerhafter Missbrauch psychoaktiver Substanzen kann dabei zu irreparablen Schäden und chronischen Angst- und Paranoia-Zuständen führen. Dazu braucht es jedoch nicht unbedingt Drogen. Jede Form der überwältigenden Flutung unseres Bewusstseins mit Reizen oder Informationen führt, wenn wir nicht gelernt haben, damit absichtlich umzugehen, zu einer reaktiven Kontraktion, um unser Ich-Bewusstsein im Körper fest zu halten, weil wir sonst unsere Identität und Orientierung verlieren würden. Diese Kontraktion wiederum löst Gefühle und Zustände der Angst aus, weil sie – als Nebenwirkung – auch den Fluss von Lebensenergie, von Impulsen einengt oder sogar abschnürt. Unser Ich-Gefühl kann so auf Kosten unserer Lebendigkeit gerettet werden. Manche Menschen haben allein deshalb nur noch so wenig Lebendigkeit in sich, sie sind körperlich, emotional, gestisch, mimisch, gedanklich und sozial starr und unbeweglich geworden. Sie wirken hart und zerbrechlich gleichzeitig. Ihr Ich ist deshalb sehr klein, weil es mit sehr wenig Sauerstoff und anderen Impulsen leben muss. Dann haben wir es mit einem gestörten Kind-Ich zu tun.
Die erste Voraussetzung für das Erwachsenwerden, überhaupt für eine Annäherung an den Prozess der Pubertät, ist jedoch, dass das Ich ausreichend Spannweite, Beweglichkeit und Lebendigkeit hat. Das ist der Grund, warum sich nur sehr wenige Menschen für das Erwachsenwerden interessieren und die meisten Menschen (und manche „Therapien“) sich ansonsten erschöpfend in Ich-Polsterungen und Ich-Prothesen investieren, die einen bestimmten Kindheitszustand nur schützen und fixieren können.
Die Erfahrung der Pubertät als Reifungsprozess ist, dass das Ich stärker wird, je mehr es geschüttelt und gerüttelt wird. Es wächst nur an der Herausforderung und daran, dass es sie übersteht. Taleb nannte diese Eigenschaft Antifragilität, was insofern nicht wirklich kennzeichnend ist, als dass es nur eine Facette, eher das Resultat dieser besonderen Charakteristik bezeichnet. Man könnte diese Wesenseigenschaft besser Akkomodität nennen, aber vielleicht fällt jemandem noch eine besserer Begriff ein. Akkomodität wäre die Eigenschaft, Erschütterungen zum eigenen Wachstum nicht nur benutzen zu können, sondern sogar zu benötigen, weil nur durch sie ein Prozess des inneren Akkommodierens, also der Anpassung und des Lernens stattfinden kann. Nur so wäre eine Wachstum von Kompetenzen in Richtung Flexibilität, Anpassungsfähigkeit, Resilienz und Robustheit möglich. Im Alltagssprachgebrauch: Was nicht tötet, härtet ab. Das gilt vor allem für alles, was lebt. Für Porzellanvasen und andere Gerätschaften gilt dies nicht. Künstliche Intelligenzsysteme könnten eine erste technologische, nicht-lebende Annäherung sein (solange man die Hardware nicht fallen lässt).
In Bezug auf den Wachstumsprozess des Ich und seine notwendigen Erschütterungen und Herausforderungen geht es dabei zunächst erst mal gar nicht um Erfolg und Wirkungsstärke, sondern um Besinnung auf das Wesentliche. Das Ich-Bewusstsein muss sozusagen hervorgeschüttelt und ‑gerüttelt werden, so dass es sich mit der Zeit aus immer mehr Überflüssigem, Angeklebtem, Fremdem und Prothetischem herauslösen kann. Dafür sind Misserfolge, Irrtümer und Niederlagen sehr viel wirkungsvoller – vorausgesetzt dass sie verarbeitet werden können und dadurch in der Folge das Bewusstsein des Eigenen, des festen und beständigen Unabhängigen stärken.
Aus diesem Grund bleiben Menschen, die sehr früh schon viele äußere Erfolge, Anerkennung und schnelle Aufstiege erlebt haben, meist psychisch ziemlich fragil und kindlich abhängig (von Publikum, Anerkennung, Anstellung, Belohnung, Drogen etc.), während sogenannte „Spätzünder“ oder solche, die sich ihre Erfolge hart erkämpfen mussten, viel robuster und eigenständiger in ihren Ich-Definitionen werden. Zu frühe, zu viel und vor allem zu sehr außengestützte Erfolge sind daher eine sehr ernste Bedrohung des Erwachsenwerdens.
Wenn man einmal erwachsen ist, dann spielen sogenannte „Erfolge“ diesbezüglich keine Rolle mehr bzw. wird Erfolg ganz anders definiert, so dass er mit Geschehnissen in der Außenwelt kaum noch korrespondiert.
Ein Mentor, der einen Prozess des Erwachsenwerdens begleitet, muss also vor allem auch die schwierige Aufgabe bewältigen, seinen Schützling vor Erfolg zu bewahren. Aus der Sicht des Anerkennung-suchenden Kindes mag das gemein erscheinen, was es für ein Kind auch ist. Die Logik gilt eben nur für den Übergang in eine höhere Reife- und Unabhängigkeitsstufe.
Auf die weltweit kumulierten menschlichen Misserfolge und Erschütterungen der letzten Jahrzehnte, gekrönt vom großen Absturz- und Desillusionierungs-Programm von Frühjahr 2020 bis Frühjahr 2021 muss hier nicht näher eingegangen werden. Es dürfte offensichtlich sein, dass wir diese Vorbedingungen für einen geistig elementaren Wachstumsschritt vollumfänglich erfüllen. Die Ärmsten werden die Reichsten sein und durchs Nadelöhr kommt man nur, wenn man vorher viele Illusionspolster abgespeckt hat.
6. Schmerz als Geburtshelfer
Aus den bisherigen Ausführungen wurde deutlich, dass die Pubertät als Prozess des Erwachsenwerdens einem Geburtsprozess gleichkommt. Es ist kein additiver Erweiterungsvorgang, wie er im Biologiebuch steht, und auch mehr als eine Neusortierung, wie die Entwicklungspsychologie es uns darstellt, sondern die Herauskehrung eines neuen Bewusstseins, einer neuen Identität.
Jede Geburt ist mit Schmerz verbunden. Denn Entwicklung im Sinne von Genesis, von Werdung, kann nur mit Schmerz geschehen und nur mit Schmerz vollständig sein. Jedes Neu- und Anders-Werden ist eine Geburt, die mit Schmerz verbunden ist.
Wir müssen uns für das richtige Begreifen dieses Schmerzes und seiner Notwendigkeit mit seiner Bedeutung auseinandersetzen, um ihn nicht gewohnheitsmäßig in die Schublade von lästigem Leid und störendem Unbehagen einzusortieren, mit welchen wir dann gleich vermeidend und verneinend verfahren wollen.
Schmerz ist ein geistiges Phänomen. Oder besser gesagt ein Phänomen, das nur an der Schnittstelle zwischen Geistigem und Körperlichem entstehen kann. Das Geistige – Information, Idee, Ideal – ist zeitlos. Wenn es sich aber verwirklichen, also geboren werden will, dann muss es seine Zeitlosigkeit aufgeben und sich reduzieren auf etwas, das nur in der Zeit, also Stück-für-Stück, also fragmentarisch erfahrbar ist. Ansonsten wäre es gar nicht erfahrbar. Und an dieser Umwandlungsfläche zwischen Ideal-Geistigem und materiell-Körperlichem können auf zwei Weisen Schmerz entstehen: einmal in der Formwerdung, Fleischwerdung, Geburt oder in der Abweichung, Störung, Verletzung.
Das heißt, wir erleben Schmerz in zwei Momenten unseres Lebens: immer da, wo etwas neu geboren wird – ein Mensch, eine neue Idee, eine Einsicht, eine Erkenntnis oder eine neue Identität – und immer da, wo wir nicht intakt und unversehrt sind – körperlich, emotional, intellektuell, moralisch oder sozial. Ohne den Schmerz des letzteren Moments gäbe es keine Heilung, denn erst der Schmerz zieht unser Bewusstsein zu der Stelle, an der es gebraucht wird. Und dieses Bewusstsein zieht dann Energien, heilende Kräfte und helfende Impulse nach sich oder zu sich.
Nur die durch Schmerz herbeigeholte Aufmerksamkeit kann eine Brücke zwischen der gesunden Idee (als einer Art Blaupause) und der körperlichen oder psychischen Heilung herstellen. Schmerz ist somit der Magnet für die vermittelnden und heilenden Kräfte. Jeder gute Arzt und Therapeut sollte in erster Linie diese vermittelnden Kräfte unterstützen und dafür das Schmerzerleben nutzen – statt dagegen anzugehen. Der Arzt oder Therapeut selbst sollte auch nur Vermittler sein zwischen dem Gestörten, Schmerzenden, also Unheilen und der eigenen ursprünglichen Wesensinformation von Ganzheit und Intaktheit, die dahinter stecken und nur durch den Schmerz auffindbar sind. Die Heilungsinformation bzw. das Heilungsziel steckt im Schmerz. Von außen ist Intaktheit nämlich niemals herstellbar, sondern höchstens ersetzbar oder betäubbar.
Mit den Prozessen der Geburt verhält es sich ganz ähnlich. Auch in ihnen hat der Schmerz die Aufgabe, das Bewusstsein an einen physischen Vorgang zu binden. Es ist jedoch nicht der Vorgang der Reintegration und Heilung, sondern der Herauslösung und somit Trennung. Gebären bedeutet ja immer, etwas aus sich herausholen, herauslassen, herausstellen, das dann für sich steht und eben keinen Teil des eigenen mehr bildet. Die besondere geistige Wachheit, derer es dabei bedarf, dient also auch der Integrität, nämlich dem Erhalt der eigenen Vollständigkeit im Ablöseprozess.
Der Bezug einer Mutter zu ihrem Neugeborenen ist sehr erschwert, wenn sie die Geburt nicht miterleben konnte, denn ihrem Bewusstsein fehlt die konkrete Erfahrung der Herauslösung und des In-die-Welt-Gebens von etwas, das ja bisher Teil ihres Selbstempfindens – zumindest körperlich – war. Die Narkose von Schmerz bedeutet dann nichts anderes, als die Wahrnehmung des Herauslöse-Vorgangs zu unterbrechen. Es ist nicht möglich, diese Wahrnehmung ohne einen Schmerz zu erhalten, weil das Gebären, also das Herausgeben und Von-sich-Ablösen etwas an sich Schmerzhaftes ist.
Ich-Werdung ist in der pubertären Übergangsphase vom körperbezogenen zum geistbezogenen Ich-Bewusstsein ein Geburtsprozess. Also ein Herauslöse- und Ablöse-Prozess. Das Seltsame ist nur, dass wir sowohl Gebärende als auch Geborene, erst das eine und dann das andere, sind. In diesem Wechsel sorgt der Schmerz dafür, dass trotz dieser umwälzenden Transformation und Umstülpung die eigene Integrität nicht verloren geht. Die Intaktheit des Wesentlichen in uns bleibt nicht nur erhalten durch jene Wachheit, die vom Schmerz erzeugt wird, sie wird durch sie auch fester und sicherer.
Natürlich funktioniert dies immer nur, solange der Schmerz noch auszuhalten ist. Ein Übermaß an Schmerz stoppt den Prozess, weil es die Zusammenarbeit von Gewahrsein und Umwandlungsprozess stört oder sogar unterbricht. Dann schützt sich unser Ich-Bewusstsein durch einen dissoziativen Rückzug vom Geschehen und kapselt sich in einer Distanzierung ein. Die Kunst der pubertären Geburtshilfe besteht also wie jede Hebammenkunst auch darin, den Schmerz über die Zeit hinweg in Portionen aufzuteilen, die zu verkraften sind und dadurch Ich-kräftigend wirken.
Großer Schmerz bedeutet eine große Geburt, also eine große Ablösung, und erfordert eine größere Streckung in der Zeit, um nicht traumatisierend zu sein.
Die Schmerzen, die der Menschheit und den meisten Menschen noch bevorstehen in diesem Prozess der Neugeburt unseres Selbstverständnisses und der Kultur, in der wir leben wollen, werden immens sein. Das liegt daran, dass wir die bisherigen Schwangerschaftsanzeichen und schon lange ankündigenden Wehen hochgradig wegnarkotisiert haben. Wir erleben also zwei Dinge gleichzeitig: ein Aufwachen aus der Narkose während eines schon fortgeschrittenen Geburtsprozesses.
Die Schmerzen, die dabei – endlich – freigesetzt werden, holen unser Selbst-, Kultur- und Welt-Bewusstsein aus dem abgedrifteten ideologischen Nebel in das physische Hiersein zurück – ein Vorgang, der geradezu klinisch und existenziell notwendig geworden ist. Es wird keine der gewohnten Narkosen geben, nur eine spärliche Pufferung des Aufpralls in der Realität dadurch, dass genug Menschen, die Landung vorbereitet haben und am Boden auf den Großteil der anderen, der Fallenden warten. Die neuen Betten werden gemacht sein und die Neuankömmlinge werden staunen, wie schön es sein kann, als Mensch in der Welt zu sein.
Pubertät ist eine großartige Sache, wenn man auf der anderen Seite der Schwelle angekommen ist.
Wachsen oder Erwachsen-werden?
Was hier für die Menschheit als Übergang und Pubertät beschrieben wurde, gilt nicht für alle Menschen. Das Great Awakening ist nur für sehr wenige ein Erwachen. Für die meisten ist es nur ein Aufwachen. Die Erweckung findet für alle statt, aber die Reaktionen sind unterschiedlich.
Was sind die Unterschiede? Erwachen findet von innen statt, während Aufwachen von außen ausgelöst werden kann. Erwachen beschreibt den Prozess einer Entwicklung von innen nach außen, genauer genommen einer Umstülpung von innen nach außen und von außen nach innen gleichzeitig, so wie das Er-wachsen, das Er-fahren oder Er-kennen immer ein Vorgang innerer Bewegung ist, die sich nach außen durchsetzt.
Das sogenannte „Aufwachen“ der Menschen ist eigentlich eine Desillusionierung. Ein großer Teil massiver Lügen über die Welt wird entlarvt und dadurch unhaltbar. Trotz aller Schutzmechanismen und psychischer Widerstände erreichen die Informationen über die richtigen Tatsachen und Zusammenhänge das Denken der Menschen und ersetzen ihr bisheriges Weltbild durch ein neues. Wohlgemerkt: sie ersetzen ihr Weltbild, nicht ihr Selbstbild!
Den pubertären Prozess, der in diesem Artikel skizziert wird, erleben nur jene, deren Selbstbild sich ändert. Für den geistig Erwachsenen ist das Innenleben bedeutender und maßgeblicher als äußere Erscheinungen. Erwachsenwerden ist auch in diesem Sinne eine Umstülpung: die Richtung der Aufmerksamkeit und des Wirkens wird umgedreht: während die Aufmerksamkeit des Kindes von Äußerem bestimmt wird und es von äußeren Eindrücken und Bedingungen geprägt und geformt wird, ist der erwachsene Geist jener, der seine Aufmerksamkeit immer wieder nach innen auf sich selbst richtet und von dort, von innen aus auf die Welt und die Bedingungen um ihn herum schaut und einwirkt.
Das Great Awakening ist politisch betrachtet eine Machtergreifung und Durchsetzung der geistig Erwachsenen. Sie legen die Grundbausteine für eine Kultur, die auf der Ausrichtung auf menschliches Erwachsenwerden beruht. Damit wird über längere Zeiträume hin zumindest die Wahrscheinlichkeit für diese Bewusstwerdungsprozesse für jeden Einzelnen erhöht. Auf jeden Fall wird dadurch der Einfluss degenerierter und anti-geistiger Kräfte extrem reduziert und vielleicht sogar vollständig unterbunden.
Als Nächstes wollen wir noch einen Blick darauf werfen, inwiefern gerade den Deutschen in diesem Prozess eine besondere Rolle zukommen könnte.
Friedenstechnik made by Germans
Es mag widersprüchlich aussehen, dass ausgerechnet die Deutschen, die sich mehr als alle anderen in ihren Illusionen, ihren kindischen Realitätsverweigerungen und ihren bejammernswerten Regressionen verbuddeln, diejenigen sein sollen, die die Speerspitze der Menschheitsentwicklung und ihres nächsten Entwicklungssprungs bilden. Die Deutschen und unter ihnen in erster Linie die sogenannten Akademiker, Denker und Künstler, werden vermutlich die letzten sein, die verstehen, was hier vor sich geht und welche Dimensionen es einnimmt. Aber wenn sie es verstehen, dann werden sie den großen Wandel an- weiter- und höher hinaus führen können. Die Letzten werden die Ersten sein: hier wirkt dann wieder das Gesetz der Umstülpung.
Wir können uns das am besten wie einen Teenager vorstellen, der eigentlich schon Selbstverantwortung übernehmen könnte, der alles hat, was er dafür bräuchte, und der zumindest auch schon ahnt, dass das sein nächster Schritt ist. Und was tut er? Er zieht sich die Decke über den Kopf und möchte sich bei Mama einkuscheln. Er zieht sich einen Joint rein, macht blau und blättert in Kinderbüchern oder spielt Computerspiele für Kinder ab 10. Oder er wird ein Streber, lernt sich die Birne heiß, will nur noch die besten Noten und setzt sich die ehrgeizigsten Ziele, um Mama und Papa zu beeindrucken oder noch besser die ganze Welt, von der er sich all die Anerkennung holen will, die er selbst für sich nicht aufzubringen wagt. Das ist auch eine Form des Zuhause-Bleibens, des Kind-Bleibens.
Historisch und in größeren Entwicklungszyklen gedacht dürfte das so ziemlich die Situation der Deutschen beschreiben. Es ist die zaudernde Verzögerungs-Taktik à la Hamlet. Es wurde schon häufiger herausgestellt, dass Hamlet das deutscheste von Shakespeares Stücken ist. Noch wahrscheinlicher ist, dass es einfach den „deutschen“ Anteil im Menschen an sich deutlich macht. Gemütlichkeit, Saumseligkeit und Selbstvergessenheit liegen nah beieinander und ganz sicher alle in der Hosentasche des Michels.
An dieser Stelle taucht bei manchen Zeitgenossen – und tatsächlich fast nur bei deutschen – eine Art kontraphobischer Reflex auf und sie rufen sich selbst und andere plötzlich auf, auf die Barrikaden zu gehen und Feuer und Flamme zu spucken. Diese aufgedrehten Durchsagen verklingen zum Glück ohne große Reaktionen im Schlafsaal, auch wenn sie extra aus Übersee importiert und auf Amerikanisch durchgegeben werden. Die emotionalisierten Appelle zur Befreiung und Revolution made in Germany können nicht funktionieren aus drei Gründen: erstens, sie bleiben viel zu allgemein und metaphorisch. Sie sagen nie, wer denn nun was und wie tun soll. Zweitens, sie entsprechen nicht dem deutschen Geist, der überhaupt kein Revolutions-Gen hat, sondern nur zur Besinnung gerufen werden kann (echte Deutschland-Forscher oder -Kenner aus den USA sollten dies auch wissen). Und drittens: wir können nichts tun, weil wir seit 100 Jahren narkotisiert sind und nun erst ganz langsam in unserem dornenverwachsenen und verstaubten Schloss aufwachen in einer Welt, in der Alleingänge von irgendwem oder irgendeinem Volk schlichtweg systemisch gar nicht mehr möglich sind.
Willkommen in der Quanten-Welt der Vernetzung! Haben Sie gut geschlafen? Wir haben Ihnen schon einen Kaffee gerichtet und hier sind die Zeitungen des aktuellen Jahrhunderts: wir haben ein Quanten-Finanzsystem, Quanten-Medizin, ein Quanten-Internet und unsere Computer bemerken, wenn Sie nicht im Einklang mit sich sind. Können wir sonst noch etwas für Sie tun?
Wir schaffen das – aber nicht allein
Also, zu der Idee, dass „wir es alleine schaffen müssen“, dass „wir Deutschen uns aus eigener Kraft befreien müssen“ ist zu sagen: dieses „müssen“, in dem auf alttestamentarische Art und Weise Prophet, Erzieher, Volksfreund, Anführer und Retter gleichzeitig ertönen, bewegt hier im Aufwachraum niemanden.
Das zweite K.-o.-Kriterium für solche Ansagen ist jedoch noch viel wichtiger: die Zeit von „allein“ ist längst vorbei. Und für uns Deutsche sogar doppelt: denn es entspricht überhaupt nicht und entsprach auch nie unserem Wesen, etwas in der physischen Welt alleine zu verwirklichen. Das letzte Mal, das wir dieser irren Idee und dem Schreihals ihrer Programmatik in blindem Wahn folgten, führte zur größten und anhaltendsten Traumatisierung unserer Geschichte.
Also, aufgepasst! Die Wortführer, die die Deutschen zum Aufstehen oder Aufstand auffordern, kommen gern aus dem Ausland herbei, werden von Mächten finanziert und geschickt, die im Dunklen bleiben, und haben die Aufgabe, uns zu verführen. Führung wäre etwas gänzlich anderes, die gab und gibt es in Deutschland tatsächlich und wir brauchen keine Angst vor ihr zu haben. Dazu kommen wir nachher noch.
Als wesensartig geistiges und intellektuelles Volk sind wir in der Welt alleine hilflos, hilfloser als vielleicht irgendein anderes Volk auf der Erde. Aber unsere Ideen sind, wenn andere uns bei ihrer Umsetzung helfen, die mächtigsten der Welt. „Made in Germany“ heißt vor allem: mit deutscher Sorgfalt und deutschem Weitblick gemacht. Sorgfalt und Weitblick sind Aspekte einer geistigen Haltung und damit etwas qualitativ ganz anderes als Fleiß, Ausdauer oder Vorsicht (für die eine emotionale Motivation ausreicht).
Wir können auch Waffen erfinden, die alle anderen Waffen der Welt in den Schatten stellen. Aber für ihre Anwendung sind wir nicht die richtigen. Deshalb sollten wir sehr umsichtig sein, wem wir sie geben.
Die Menschheitsgeschichte ist schon lange kein Solo-Stück mehr und es geht insgesamt nicht weiter, wenn auch nur einer nicht mitmacht und sich quer stellt. Eine bekannte Kuh-Weisheit: Wenn einer nicht mitgeht, gehen alle nicht mit. Eine Deutschland-relevante Variation davon lautet: wenn einer quer denkt, dann denkt keiner mehr weiter.
Die Amerikaner haben das alles mit ihrem Pragmatismus schon verstanden und rempeln uns immer heftiger an, dass wir mal zu Potte kommen: Hey, Michel, aufwachen! Unsere westlichen Europa-Freunde sind noch zu desorientiert, aber ohne deutliche Ordnung werden sie keinen eigenen Schritt nach vorne machen, sondern nur immer unruhiger mit den Hufen scharren. Wo ist der Ordnungsmacher? Bruder Michel, schläfst du noch? Hörst du nicht die Glocken im Süden, im Westen, im Osten, im Norden? Ding-dong-ding-dong!
Deutlich heißt deutsch. Und umgekehrt. Wer aber weckt den Michel? Wenn der Michel aufwacht und deutlich, also deutsch wird, d.h. gott-zugehörig oder gott-zugewandt (Lat. deus = Gott), dann wird er Michael. Und wenn der Michael sein Schwert wiederfindet oder seine Lanze, dann kommt der Drache an die Leine oder: Kopf ab!
Auch im Osten von Mittelerde wissen unsere Brüder und Schwestern schon lange Bescheid und schütteln den Kopf über den verpennten Schlafmichel. Auch sie kommen mit ihrer Herzenswärme und ihrem Gefühl für Ganzheit alleine nicht weiter. Immerhin haben sie sich mit den draufgängerischen Männern der Tat jenseits des Atlantiks zusammen getan. Den Sprung nach vorne aber kann nur der deutliche Michael machen. „Nach vorne“ heißt: in eine geistige Steuerung, die die Tatkraft des Auswanderer-Westens und die intuitive Herzlichkeit des traditionsbewussten Ostens zu einem neuen Ganzen vereint und ihm ein umfassendes geistiges Dach gibt.
Natürlich wollen alle Frieden. Aber es reicht dafür nicht, Stolz und Waffen zu haben, und es reicht auch nicht, friedlich bis zur Selbstaufopferung zu sein und sich damit weiter zu verschanzen. Frieden muss gebaut, organisiert und strukturiert werden. Er muss explizit und institutionalisiert werden. Das ruft doch nach deutschen Ingenieuren, oder? Wie wäre es mit deutschen Friedensarchitekten? Frieden made in Germany. Frieden als deutscher Kultur-Exportschlager! Dann braucht es irgendwann auch keine waffenstrotzende Mega-Weltpolizei mehr und die herzenstreuen Slawen und die findigen Asiaten können aus ihrer Verbarrikadierung hervorkommen.
Der strahlende Exportschlager aus Mittelerde wird etwas sein, was es bisher nur in einzelnen Menschen, einzelnen Familien und dieser oder jenen kleinen Gemeinschaft gab: Bewusstsein für die Kräfte im Menschen, die Frieden schaffen (Michael, der Engel) und gleichzeitg Bewusstsein für die Gegenkräfte (der Drache). Um dieses doppelseitige Bewusstsein zu schaffen, braucht es eine Kultur, die es aufbaut und erhält. Und eine solche Kultur kann nur durch das klare, deutliche Wort erschaffen werden, das aus dem Verstehen kommt.
Am Anfang war das Wort… und das Wort haben jetzt: die Deutschen… Möchten Sie etwas sagen? Das Publikum hat schon gewartet…
Friedenserhaltende Kräfte bestehen nicht bloß aus einer ehrlichen Sehnsucht und herzvollem Hoffen, sondern aus Fähigkeiten, die geübt werden müssen. Und das neue Übungsprogramm für die Menschheit braucht gute Anleitungen und Vorgaben. Ich bin überzeugt, dass dieses Programm nur unter federführender Mitwirkung der Deutschen, genauer gesagt des deutschen Geistes entstehen kann.
(Nebenbemerkung und Denksport-Nuss zum Selber-Knacken: die Parallelen dieser Erkenntnisse zu verdrehten Parolen à la „Mein Kampf“ bedeutet nicht, dass hier ein Adolf oder Nationalzionist mitgeschrieben hat, sondern vielmehr, dass korrupte Geheimdienste für ihre diesbezüglichen Produktionen informiert und raffiniert genug waren, diese wesenhafte Aufgabe des deutschen Geistes für ihre psycho-manipulative Propaganda gegen die Deutschen und zu ihrem Selbsthass und zu ihrer Vernichtung zu pervertieren. Wer bei Begriffen wie „deutscher Geist“ in Verbindung mit Weltbedeutung heute noch in Angstschweiß ausbricht, der ist der lebende Beweis dafür, wie raffiniert und wirksam diese Psychoprogrammierung funktioniert hat. Der Ausweg findet wie immer über das selbständige und kritische Reflektieren statt, welches auch unter Angstschweiß durchaus möglich ist.)
Der anglo-amerikanische Pragmatismus und der tief verankerte slawische Holismus sind für sich genommen zu sehr mit dem unmittelbar Sinnlich-Materiellen verbunden, um ein überspannendes geistiges Dach und Friedens-Gebäude für alle Menschen zu formulieren und anzubieten. Die besondere Fähigkeit der Deutschen zur Abstraktion und zur ideellen Abkopplung von ihren eigenen Belangen, welche bisher regelmäßig zu unserem Nachteil verdreht wurde, weil wir nicht mit den anderen zusammenarbeiten konnten und von ihnen nicht beschützt, sondern angegriffen wurden, kann sich in dem Moment voll entfalten, wenn wir uns nicht mehr wehren, vergraben oder betäuben müssen. Wir haben dann eine Antenne zum Übergeordneten, zum Geistigen und Ordnungsstiftenden, deren Früchte uns alle anderen Völker sehnlichst aus der Hand reißen werden.
Die große neue deutsche Ingenieursleistung könnte der soziale Gesellschaftsaufbau sein inklusive seiner wichtigsten Aspekte von Bildung, Staatsstruktur, Städte- und Siedlungsstruktur, Rechtssystem und Wohlfahrtsprinzipien. So ganz neu wäre das nicht, es gilt vieles einfach nur wiederzuentdecken, das unsere Vorfahren vor 150 bis 200 Jahren schon vorgedacht und konstruiert haben. Neu wäre jedoch, dass die Deutschen darin weltweit gefragt sein werden und sich nicht ringsum gegen die Vasallen einer jesuitischen Mafia und ihrer Monsterköpfe verteidigen müssten.
An dieser Stelle und noch sehr häufig in der Zukunft will ich meinen tief empfundenen Dank an all die vielen Soldaten aussprechen, die mit diesem menschlichen Abschaum kurzen Prozess gemacht haben. Ohne Euch würde ich hier so nicht mehr öffentlich schreiben können und unser Leben wäre die Hölle.
Dass wir mit unseren Denk- und Konstruktionsfähigkeiten gefragt sein und in der Darstellung und Verwirklichung frei sein werden, wird sehr viel verborgenes Potenzial freilegen. Vor allem unser philosophisches und denkerisches Potenzial. Aber auch die Feinheit unseres Beobachtungs- und Besinnungspotenzials, mit dem wir eben nicht nur trockene Ideengebäude in die Welt setzen, sondern der Natur und ihren Prozessen folgen wollen. Das ist auch etwas typische Deutsches: mit der Natur zu denken. Das ist vor allem wichtig für Heilung und Genesung, nicht nur im physischen und psychischen Sinne, sondern auch im geistigen Sinne der authentischeren Verwirklichung von Wesenseigenschaften. Damit kann, wenn wir von weit genug oben schauen, eine Ausrichtung geschaffen werden, mit der jeder und jedes Volk auf seine Weise zu sich kommen und sich verwirklichen kann.
Ich glaube, das ist eine der Gründe, warum die Welt den deutschen Geist und uns Deutsche als seine Vertreter auf Erden, so sehr braucht und auf uns wartet. Frieden ist nur ab einem gewissen Grade von Freiheit möglich und Freiheit ist nur durch das Denken möglich. Wenn das Denken frei ist, kann es klar und erfinderisch werden, um immer größere Freiheitsgrade in die physische und soziale Welt zu bringen.
Frieden und Freiheit können deshalb niemals durch eine Rückkehr zu früheren Zuständen gefunden werden, sondern sind immer das Produkt einer Anstrengung und Schöpfung. Wir müssen sie aktiv erschaffen. Ohne unser Denken säßen wir heute noch in kalten Höhlen und würden uns gegenseitig angrunzen. Wahrscheinlich aber noch nicht mal mehr das. Wir wären wohl eher längst tot, weil wir die letzte Naturkatastrophe, das letzte hungrige Wolfsrudel, die Schlägereien um einen Feuerplatz oder eine hübsche Sechzehnjährige oder die Empfehlung eines Schamanen auf Drogen nicht überlebt hätten.
Das sukzessive Einknicken unserer Denkfähigkeiten über die letzten 100 Jahre können wir an ganz analogen Symptomen in unserer Gesellschaft erfassen.
Aber die Erholungskurve der Deutschen als Ganzes – nicht aller, aber in Summe – wird viel schneller vonstatten gehen, da bin ich mir sicher. Sobald wir das falsche Denken oder besser gesagt die Einflüsterungen des Anti-Denkens abgestreift haben, werden wir uns sehr schnell auf uns und unsere Aufgabe besinnen. Nicht, weil wir es eilig haben, irgendwelche Hausaufgaben zu erledigen oder ein ewiges Schuldkonto abzuarbeiten, sondern weil dies unserem Wesen entspricht. Wir werden einfach das tun, was wir gerne tun und tun wollen und dann wird sich alles Weitere fügen.
Die deutsche Geschichte der letzten 150 Jahre lässt sich wie das Spannen einer Feder beschreiben. Durch immer neue und heftigere Einflüsse wurde sie gespannt und gespannt und gespannt. Vielleicht hätte sie auch bald schon überspannt sein und brechen können. Was aber stattdessen geschehen wird ist, dass das enorme aufgestaute Entwicklungs- und Gestaltungspotenzial, das sich über acht oder mehr Generationen angesammelt hat, plötzlich Luft schaffen wird. So wie bei einem Jugendlichen, der plötzlich seine Fähigkeit auf Selbständigkeit begreift und ergreift und von heute auf morgen die Entscheidung trifft, eigene Entscheidungen in seinem eigenen Sinne zu treffen. Nur das, was wir in unserem Sinne tun, hat Sinn.
Was ist unser Sinn? Geistige Entfaltung und der Ausdruck unserer Entschlossenheit, allem Materiellen etwas Geistiges, Intellektuelles, Abstraktes und vor allem Ideales gegenüberzustellen. Wir sind Platos Erben und Goethes Urenkel. Und wenn wir dieses wesenshafte Erbe nicht verwirklichen, wird es keiner tun, wird es keinen Fortschritt geben, wird die Welt im Materialismus mit seinen technokratischen Ideologien versinken und wird die Menschheit kindisch bleiben.
Soziale Gestaltungskunst
Unsere Herausforderung besteht nun darin, über das Entwickelte und Erkannte hinauszuwachsen ohne es zu verlieren. Wir müssen dafür jenen Teil unserer spezifisch menschlichen Intelligenz entwickeln, der aller Technologie gegenüber überlegen und führungsfähig ist. Dies ist vor allem unsere Fähigkeit zum moralischen Denken und Handeln. Zu ihr gehören die menschlichen, nicht-mechanischen und nicht-computationalen Aspekte von Willenskraft, Verantwortungsfähigkeit und Ich-Bewusstsein. Das Zeitalter der technologischen Hypnose hat diese Fähigkeiten weitestgehend aus unserer Kultur entfernt und wir müssen sie erst wieder aus den letzten Überbleibseln aus den verwinkeltsten Nischen unserer Gesellschaft hervorholen und auf die öffentlichen Bühnen holen.
Mit dieser neuen Intelligenzform, die wir in der Breite entwickeln müssen (und werden, ganz außer Frage), damit sie funktioniert und gesellschaftsprägend werden kann, können wir dann eine neue Kunstform als Ausdruck geistiger Kreativität entwickeln, die in den letzten 150 Jahren leider auf Experimentalniveau steckengeblieben ist und dann in pathologische Aberrationen versank: soziale Gestaltungskunst.
Was als social engineering bisher nicht viel mehr als eine Werkzeugkiste der Massenmanipulation und -verführung war, kann sich aus dem rein Technischen erheben und zu einer kulturstiftenden und sogar lebensrettenden Kunst werden, wenn es aus den bisherigen Psychopathenkrallen in andere Hände genommen wird.
Wenn ich also gefragt werde, was denn mit der menschlichen Kreativität los ist, die seit über einem Jahrhundert in den klassischen Gebieten des Künstlerischen – Musik, darstellende Künste, Architektur – so offensichtlich lahm und geistlos geworden ist, und wo sich diese Kreativitätskraft des Menschen denn endlich wieder einmal epochemachend zeigen wird, dann würde ich sagen: im sozialen Gestalten!
Darin liegt auch die Antwort auf die Frage, welche Art der gesellschaftlichen und staatlichen Organisation wir denn nun wählen sollen: keine der bisher bekannten! Sie alle waren – ganz besonders die der letzten 200 Jahre – nur Vorstudien und Experimente, Lektionen und Bausteine für uns und unsere komplett neue Aufgabe. Nämlich den Aufbau einer Gesellschaft, die auf dem Ich-Bewusstsein und der Mitverantwortung des Einzelnen aufbaut und deshalb diese an erster Stelle fördert und fördern muss.
Das bedeutet systemisch gesprochen: weg von der Zentralisierung und klare Betonung und Förderung von Hierarchien der Verantwortlichkeit! Dafür müssen wir uns von alten Ideologieprägungen und intellektuellen Reflexen lösen, denn meistens werfen wir diese beiden Aspekte durcheinander oder verwechseln sie. Das moderne Wunschdenken wurde ja daraufhin konditioniert, gegen (sichtbare) Hierarchien zu kämpfen und dadurch den Blick für die (meist verdeckten) Zentralisierungen und Monopolisierungen zu verlieren. Diese wurden dann verschleiernd als „Globalisierung“ verkauft, was wiederum eine typisch psychopathische Verdrehung von Strategie und Zweck war: die Globalisierung war kein Ziel, sondern nur ein Mittel für die totale Zentralisierung und Monopolisierung (und nicht umgekehrt), über die als wahres Ziel natürlich nicht gesprochen wurde.
Wir sollten gegen Zentralisierung und Monopolisierung sein, aber nicht gegen Hierarchie (und Ordnung). Nur weil Diktaturen auch hierarchische Strukturen nutzen, bedeutet das nicht, dass Hierarchien stets diktatorisch sind. Dasselbe gilt für Führung: nur weil Diktatoren sich gerne als „Führer“ bezeichnen (sie sind in Wirklichkeit keine, weil Führung die Freiheit von Gewalt und Zwang impliziert), bedeutet das für den logisch und semantisch sauber denkenden Menschen nicht, dass Führer und Führung diktatorisch sind. Von solchen falschen Denk-Schubladen müssen wir uns durch präzise Begriffsklärung befreien.
Hierarchie bedeutet zunächst einmal schlichtweg Ordnung. Das neue an der gesellschaftlichen Ordnung, die wir für die schon fortgeschrittene und fortschreitende Individualisierung des Menschen benötigen, ist, dass sie viel mehr vom Einzelnen mitgetragen werden muss als das in früheren hierarchischen Gesellschaftstrukturen der Fall war. Durch eine pyramidale Ordnung der Verantwortung ist jeder Einzelne stets der fordernden „Belastung“ ausgesetzt, sich um andere (weniger Verantwortungsfähige) zu kümmern und sich gleichzeitig von anderen (Verantwortungsfähigeren) leiten und fördern zu lassen. So stellt diese Ordnung eine permanente Entwicklungsherausforderung und -förderung dar, ihr Schwerpunkt liegt also auf dem Wachstum des Menschen in seinen Fähigkeiten und nicht auf materiellen Errungenschaften.
Was wir für diesen Fokus-Wechsel unbedingt schaffen müssen, ist, die einfältige Logik von „gut oder schlecht“ des Ideologen und auch die metaphysische oder mathematische Logik von „richtig oder falsch“ in allen sozial-strukturellen und pragmatischen Fragen zu überwinden. Stattdessen sollten wir lernen, eine Logik von „schwachsinnig oder klug“ („Schwachkopf oder Weiser“) zu entwickeln und ihr zu folgen. Das wird uns eine Menge Ärger und Umwege ersparen, wenn wir es mit sozialen Realitäten zu tun haben. Wir haben über die letzten hundert Jahre ganze Schubkarren voll mit ideologisch „Gutem“ und moralisch „Richtigem“ gesammelt, die alle auf den Komposthaufen von „Schwachsinn“ gehören.
Wenn wir demnächst über neue Ansätze der Bildung sprechen, dann werde ich unter anderem vorschlagen, dass wir allen Beteiligten, das heißt im Grunde allen Menschen, die an der Gesellschaft teilnehmen, primär und zentral Heuristiken zu vermitteln, um Blödsinn, Firlefanz, Humbug, Gewäsch, Nonsens, Kappes, Mumpitz, Pipifax, Quark, Käse, Schmarrn, Stuss, dummes Zeugs und ganz gewöhnlichen Unsinn zu erkennen. Ebenso alles, was unter die Kategorien von Manipulation, Betrug, intentionaler Verblödung, mentale Verführung, Illusion, Trickserei, Gaukelei, Gaunerei, Irreführung, Verarschung, Abzocke , Bauernfängerei, Schwindel oder einfach Täuschung fällt.
Dies ist mein erster kleiner Beitrag zu einem differenzierteren Wortschatz zu dieser Thematik, damit wir nicht immer nur „Scheiße“ sagen müssen und unser Denken und damit auch unsere Wahrnehmung verfeinern. So oder so ähnlich könnte der Beginn zur Ausbildung für soziale Gestaltungskunst aussehen.
Mr. Keatings Abschlussklasse
Kommen wir zum Abschluss für heute.
Nachdem wir nun im großen Bogen betrachtet haben, dass die Menschheit in der Pubertät steckt und dass diese Pubertät durchaus den Charakter einer Naturkatastrophe haben kann, weil sie sowohl zwingend als auch sehr strapaziös ist, wollen wir auch noch einen kurzen Blick auf das fein verästelte Netzwerk jener Menschen und Kräfte werfen, die diesen Prozess aus der Kommandozentrale und den Generalstabsbüros für soziokulture Sintfluten modulieren oder sogar steuern.
Eine berechtigte Frage ist ja: wie kann es sein, dass es einige unter uns gibt, die schon lange vor den Sturmböen vorbereitet waren und dass es sogar einige unter uns gibt, die bereits fertige Archen und Rettungsstationen aufgebaut haben? Und wie war es möglich, dass der ganze Abriss eines Jahrhunderte alten pathologischen Systems, das sich in die Köpfe der Menschen eingepflanzt hatte und die geistige Weiterreifung der Menschheit verhinderte, so koordiniert und feinjustiert gesteuert werden konnte?
Ich will das mit einem Bild veranschaulichen. Schauen wir noch einmal die Abschlussszene des Films „Der Club der toten Dichter“. Mr. Keating verlässt nach vielleicht nicht einmal einem Jahr seine Klasse. Von etwa 20 Schülern darin haben es mindestens zehn verstanden. Einer von diesen zehn – einer, von dem man es nicht erwartet hätte – hat es nicht nur verstanden, er hat es verinnerlicht und verkörpert es. Er setzt es um und durch. Die anderen neun oder so folgen ihm. Sie sind für das System der geistigen Unterdrückung ein für allemal verloren. Sie sind frei. Keating kann gehen. Er war nur ein Lehrer unter vielen, aber nach einem Jahr hatte er zehn Schüler, die es verstanden hatten. Das sind dann schon elf in der Welt . Diese zehn Schüler gehen in die Welt hinaus, einige werden vielleicht auch Lehrer. Andere gehen zum Militär. Sie alle haben Einfluss und setzen Menschen frei aus dem System heraus ins eigenständige Denken.
Stellen wir uns vor, dass so etwas vor 70 Jahren passiert ist. Wahrscheinlich ist es viel früher schon geschehen. Was ist aus Keatings Schülern und ihren Schülern und deren Schülern wohl innerhalb von 70 Jahren geworden? Glaubst du, sie sind immer noch isolierte Einzelgänger, die in kleinen Internaten oder in vereinzelten Klassenzimmern versuchen, hier und da ein paar Einzelne aufzuwecken und ansonsten dabei zusehen, wie alles auf den menschlichen Abgrund und Totalausfall zusteuert?
Wenn wir bedenken, wie exponentielles Wachstum aussieht, dann können wir uns vorstellen, dass es vor 20 Jahren bereits eine Armee von Keatings gab. Und wir müssen uns vorstellen, was ein Keating oder ein Todd Anderson nach 10 oder 20 Jahren ausrichten kann, wenn er General bei der US-Army ist.
Warum haben wir nie von ihnen gehört? Weil sie Anlauf genommen haben für den großen Coup. So etwas macht man im Stillen, um am Ende nur einen Hebel umlegen zu müssen und Kollateralschäden zu vermeiden. In der Metapher des Films sähe das in etwa so aus: Mr. Keating oder einer seiner Schüler kommt nach 20 Jahren als Bildungsminister zurück und übernimmt die gesamte Schule. Darum ging es. Nicht nur, aber auch.
Den stotternden, schüchternen Todd Anderson aufzuwecken, ist nur die eine Hälfte der Arbeit. Die andere, größere Aufgabe muss es – von Anfang an – gewesen sein, das gesamte System bis auf seine Wurzeln zu beseitigen, so dass Kinder gar nicht mehr zu stotternden Todd Andersons oder gar zu ängstlichen, autoritätshörigen Konformisten wie Richard Cameron und schon gar nicht in die verzweifelte Lage gebracht werden, zu glauben, Freiheit sei nur durch Selbstmord möglich.
Es mag alles mit Einem angefangen haben, der ansteckend war. Ideen der Freiheit und menschlichen Gesamtverantwortung sind ansteckend und viral. Nach zwei Generationen waren es Tausende und Abertausende, die sich darin wiedererkannten und zusammenarbeiteten. Der Rest ist Geschichte.
Voilà, das Team hinter der betreuten Pubertätskrise. Und diese Medaille hat beide Seiten: den Einzelnen und das weltumspannende System. Das Individuum und die Menschheit.
Ich verbleibe mit einem Keating’schen oder besser noch Whitman’schen Augenzwinkern und bin einverstanden mit dem Eindruck, ich hätte über die Menschheit, die Welt oder Deutschland (wie er über Amerika) und über eine neue Weltkultur des freieren Denkens (wie er über Demokratie) geschrieben. Beides bewegt sich im unscharfen Grenzgebiet zum Metaphorischen und lässt offen, welchen eigentlichen Adressaten alles Analogie-taugliche anspricht. Was ist Metapher und was ist das Eigentliche? Wer dient der Illustration und wer ist gemeint?
Und da Betroffenheit stets im Erkennen des Betrachters und nur im Erkennen des Betrachters liegt, reicht hier und da oft schon ein Klaps auf die Schulter oder ein Fingerzeig. Mehr könnte auch schon zu viel sein.
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